Ein Angebot des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes.
Wahrscheinlich fiel sie dem Bildersturm von 1529 zum Opfer. Die Madonna im Westgiebel dagegen blieb erhalten. Sie war für die Bilderstürmer schlicht nicht erreichbar.
Die Ritter Martin und Georg links und rechts des Hauptportals blieben erhalten, wurden mit der Reformation aber nicht mehr als Heilige verstanden. Der Bettler zu Martins Füssen wurde entfernt, weil die Reformation das Bettelwesen bekämpfte und eine Armenfürsorge einführte.
Als im Mittelschiff-Gewölbe der Marienzyklus abgeschabt und übertüncht wurde, ging man nicht sehr konsequent vor, so dass Teile erhalten blieben. Ansonsten verschwand im Münster durch den Bildersturm von 1529 und die Renovationen des 16. und 17. Jahrhunderts der meiste Schmuck. Frei von Ablenkung sollte man sich ganz auf das Wesentliche, auf das Wort Gottes, konzentrieren. Vor der Reformation wurden im Münster, wie in allen Kirchen, Reliquien aufbewahrt und verehrt. Man sprach ihnen helfende und heilende Kraft zu. An Festtagen und bei Prozessionen präsentierte man sie in Heiltumsschauen.
Die Galluspforte ist im Stil eines Triumphbogens gebaut und ist das zweite repräsentative Portal des Münsters. Ihr Bildprogramm schöpft aus dem 25. Kapitel des Matthäusevangeliums, welches das Jüngste Gericht mit den Werken der Barmherzigkeit beschreibt. Die Galluspforte gilt als das älteste Figurenportal im deutschen Sprachraum.
Das Epitaph aus rotem Marmor ist Erasmus von Rotterdam gewidmet. Bei Ausgrabungen im Münster 1928 glaubte man, auf das Grab des grossen Humanisten gestossen zu sein. Allerdings stellte man am Skelett Spuren einer Syphiliserkrankung fest, was überhaupt nicht zu Erasmus passte. 1974 stiess man dann ganz in der Nähe des ersten Grabes auf ein zweites Skelett, auf dessen Brust eine grosse Medaille mit dem Bildnis des Erasmus lag. Dieses zweite Skelett konnte mit grosser Wahrscheinlichkeit als der sterbliche Überrest von Erasmus identifiziert werden.
Den Epitaph für Oekolampad, Bürgermeister Jacob Meier und Universitätsrektor Simon Grynäus ziert eine lateinische Grabschrift in klassischer Antiqua im Sinne des Humanismus. In deutscher Schrift steht darunter ein reformatorischer Spruch: «So ehr/guot/kunst, hülffend in noth, wer keiner von den dreyen todt». («Könnten die Ehre, die sie erworben, das Gute, das sie getan, und die Kunstfertigkeit, das Können, das sie bewiesen haben, in der Not helfen, dann wäre keiner von diesen dreien tot».)
Das Standbild des Basler Reformators Oekolampad stammt aus dem Jahr 1876. Der Auftrag ging an den Zürcher Künstler Ludwig Keiser. Oekolampad ist mit der Bibel dargestellt. Das Standbild steht in einer Reihe von Reformatoren-Denkmälern der Schweiz. Auf Basel folgte 1876 Neuenburg mit Farel, Zürich 1885 mit Zwingli, St. Gallen 1904 mit Vadian und Genf 1909/1917 mit einem Gruppendenkmal.
Im Haus Bäumleingasse 18 hat Erasmus von Rotterdam in seiner Basler Zeit gearbeitet. Dort ist er 1536 auch gestorben. Heute wird es «Erasmushaus» oder «Haus der Bücher» genannt. Nach der Reformation verliess Erasmus Basel, wegen eines Druckauftrags kam er 1535 noch einmal von Freiburg i.B. nach Basel zurück, wurde krank und starb hier 1536. Er liegt im Münster begraben. Stücke aus seinem Nachlaß sind im Historischen Museum zu sehen.
Die Weisse Gasse war einst eine belebte Strasse. Auf ihrer Hinterseite, in der heutigen Falknerstrasse, floss der offene Birsig. Beim Haus Nr. 28 befand sich im 16. Jahrhundert die Druckerei von Adam Petri. Er war der berühmteste Drucker reformatorischer Schriften der Stadt. Schon früh begann er mit dem Druck von Luther-Schriften, so druckte er bereits 1517 dessen Ablassthesen. 1522/23 druckte er Luthers Übersetzung des Neuen Testaments nach. Der Hebraist Konrad Pellikan war zeitweise Petris Mitarbeiter. Bekannte Künstler illustrierten für Petri, so Urs Graf und Hans Holbein der Jüngere.
Das Barfüsserkloster des Franziskaner-Ordens war ein beliebter Versammlungsort der Evangelischen, während die Altgläubigen sich im Predigerkloster einfanden. Nach der Aufhebung der Klöster wurde das Langhaus der Barfüsser einfaches reformiertes Bethaus, während der Chor ein Magazin wurde. Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde auch diese Funktion aufgegeben. Während der Helvetik war die Kirche Salzlager, in der Mitte des 19. Jahrhunderts Depot des Kaufhauses. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dachte man zeitweilig an den Abbruch der Kirche. 1894 wurde in der Barfüsserkirche das Historische Museum von Basel eingerichtet. Im Museum lassen sich Teile des berühmten Basler Münsterschatzes und des Nachlasses von Erasmus bewundern.
Eine Siedlung bestand am Rheinknie schon 500 v.Chr. Die Römer besassen ein Kastell auf dem Münsterhügel, das im Frühmittelalter erst Alemannisch, dann Fränkisch wurde. Nach 600 wurde Basel ein Bischofssitz, im 9. Jahrhundert wurde eine erste Kathedrale auf dem Münsterhügel gebaut. 1225 wurde eine erste Rheinbrücke gebaut; Kleinbasel entstand, um den nördlichen Brückenkopf zu sichern. Mitte des 14. Jahrhunderts halbierte erst die Pest die Bevölkerungszahl, wenige Jahre später zerstörte ein Erdbeben die Stadt.
Im Spätmittelalter erlangten die Zünfte immer grösseren Einfluss, was auch für die Reformation von Bedeutung sein sollte. Sie errangen über die Jahre zu Lasten des Bischofs immer grössere Selbstbestimmung für die Stadt, viele waren der Reformation gegenüber offen eingestellt. Basel trat 1501 eigenständig zur Eidgenossenschaft bei. 1521 kündigte Basel die verfassungsrechtlichen Bindungen der Stadt an die bischöfliche Herrschaft auf. Damit war der Weg zur Reformation frei.
1522 erhielt der spätere Basler Reformator Johannes Oekolampad einen Lehrstuhl an der Universität, im Jahr darauf wurde er auch Vikar an der Martinskirche. Nach und nach wurden evangelische Elemente eingeführt, so 1526 der Gemeindegesang, was die Altgläubigen als «Bauernlärm» verspotteten. 1527 beschloss der Rat, dass niemand mehr zum Lesen der Messe gezwungen sei; er vollzog damit nach, was in Wirklichkeit schon längst der Fall war. Doch eine klare Entscheidung zu Gunsten der Reformation blieb vorerst aus.
Im Februar 1529 demonstrierten evangelische Bürger auf dem Marktplatz. Ihre Hauptforderungen an die Regierung lauteten: Evangelische Prediger in den Kirchen, Absetzung von zwölf «altgläubigen» Ratsherren und Wahl des Kleinen Rates durch den Grossen Rat. Der Rat zögerte, und die aufgebrachte Menge drang in die Kirchen ein und zerstörte Heiligenfiguren und Altäre. Am nächsten Tag lenkte der Rat ein: Katholische Ratsherren wurden abgesetzt, Katholiken verliessen Basel. Professoren, darunter auch Erasmus von Rotterdam, zogen weg. Das Domkapitel floh, der Bischof wohnte schon früher in Pruntrut.
Dieser Bildersturm führte zur Durchsetzung der Reformation; Oekolampad wurde Vorsteher der reformierten Kirche Basels. Der Klerus im Sinne eines eigenen Standes wurde aufgelöst, die Zahl der Kirchen reduziert. In Grossbasel gab es neu drei Gemeinden: das Münster, die Leonhardskirche und die Peterskirche; im Kleinbasel die Theodorskirche. An allen Kirchen gab es nun nur noch einen Pfarrer und einen Helfer. Die Reformation war der grösste Einschnitt in der Geschichte Basels, sie brachte tiefe Veränderungen im sozialen Leben der Stadt und prägte die Stadt auf Jahrhunderte hinaus bis heute.
An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Johannes Calvin nach seiner Flucht aus Paris her kommend in Basel weilte (er wohnte in der St.-Alban-Vorstadt). Hier hat er die erste Auflage seiner «Institutio religionis Christianae», seines Unterrichts im christlichen Glauben, geschrieben und 1536 in Druck gegeben.
Johannes Husschyn (1482 – 1531) aus Weinsberg bei Heilbronn, genannt Oekolampad, war Priester und gehörte zu den oberrheinischen Humanisten. 1515 rief ihn der Drucker Johann Froben nach Basel, wo er an der ersten Ausgabe des griechischen Urtexts des Neuen Testamentes mitarbeiten sollte, die Erasmus von Rotterdam 1516 herausgab. Nach Deutschland zurückgekehrt, trat Oekolampad in ein Kloster ein. Dort begann er sich mit Luthers Schriften auseinanderzusetzen und publizierte selber eine Schrift über die Messe und die Beichte. 1521 floh er aus dem Kloster, 1522 war er wieder in Basel.
1523 wurde er Professor der Theologie und las an der Universität trotz Widerstands der ordentlichen Professoren eine lateinische Auslegung des Propheten Jesaja, die er für die interessierte Öffentlichkeit auf Deutsch wiederholte. Oekolampad war hochgebildet, aber keine Führerfigur, er wirkte mehr im Hintergrund. 1529 reiste er gemeinsam mit Zwingli zum Marburger Religionsgespräch, bei dem die Gräben zwischen Luther und den Schweizern hätte überbrückt werden sollen. Stattdessen trennten sich in Marburg die Wege der Lutheraner und der Reformierten (Schweizer) über dem Verständnis des Abendmahls.
1528 heiratete er die erst 24-jährige Witwe Wibrandis Rosenblatt. Die Ehe von Pfarrern war auch wichtig, weil sie als das wichtigste Zeichen des Bruchs mit der katholischen Kirche galt. Obwohl Oekolampad schon 1531 starb, gebar ihm seine Gattin drei Kinder. Oekolampad wurde 1529 Hauptpfarrer (Antistes) der Basler Kirche.
Desiderius Erasmus wurde vor 1470 wahrscheinlich in Rotterdam geboren. Er war Sohn eines Priesters und dessen Haushälterin. Später war er Augustiner-Chorherr in Steyn bei Gouda in den heutigen Niederlanden, wurde zum Priester geweiht und studierte ab 1495 an der Sorbonne in Paris. Er reiste durch ganz Europa und lernte dabei immer wieder wichtige Gelehrte und hochgestellte Persönlichkeiten kennen. Auch in Basel war er immer wieder anzutreffen; 1514 bis 1529 lebte er in der Stadt und liess wichtige Schriften beim Drucker Johann Froben drucken.
Erasmus und seine Schüler begannen als erste, alte Texte mit der historisch-kritischen Methode zu erforschen und zu edieren. Zu den wichtigsten Werken des «Humanistenfürsten» gehört das 1516 erschienene Neue Testament im griechischen Urtext. Auf dieses stützten sich viele evangelische Übersetzungen den Neuen Testaments. Damit war Erasmus ein Wegbereiter der Reformation, selber aber kein Reformator. Er kritisierte zwar die Missbräuche in der damaligen katholischen Kirche oft mit beissendem Spott. Jegliche Extremposition oder Übertreibung war ihm ebenso zuwider wie gewaltsamer Protest.
So hat er sich mit den Reformatoren angelegt. Martin Luther etwa empfand seine Weigerung, sich auf die Seite der Reformation zu stellen, als Verrat. Dazu kam, dass Erasmus der Meinung war, der Mensch besitze einen freien Willen, um zwischen Gut und Böse zu entscheiden, während für Luther der Wille ganz unter der Sünde versklavt war. Auch Oekolampad focht harte Sträusse mit Erasmus aus wegen dessen Unentschiedenheit. Huldrych Zwingli hingegen – selber humanistisch geschult – hielt grosse Stücke auf Erasmus.
Das Berner Münster ist ein repräsentativer Ausdruck der reichen Frömmigkeit der Stadt und deren Selbstverständnisses. 1405 vernichtete ein Brand grosse Teile der Stadt. Beim Wiederaufbau entstand der Wunsch nach einem würdigen Gotteshaus. Weil die Stadt kirchliche Angelegenheiten vermehrt in die eigenen Hände nehmen wollte, war sie auch Auftrag- und Haupt-Geldgeberin des Münsterbaus. 1484 gründete sie ein Kollegiatstift, dessen Geistliche dem Rat unterstellt waren. Mit der Reformation wurde dieses aber schon 1528 wieder abgeschafft.
Das Berner Münster ist das bedeutendste spätgotische Gesamtkunstwerk der Schweiz. Es trägt mit seiner Grösse, der Tiefe des Chors und der Höhe des Turmes kathedralhafte Züge, die auf die Macht der Stadt verweisen. So setzt der Turm einen klaren Akzent im Stadtbild. Er erhebt sich über einer dreiteiligen Vorhalle, deren Hauptportal von einer kunstvollen Darstellung des Jüngsten Gerichts gekrönt ist. Ausgeklügelte Architektur und reiche Verzierungen zeugen vom Können der Baumeister.
Die Berner Reformation spielte sich rund ums Münster ab. Hier amtete Berchtold Haller ab 1520 als Leutpriester und predigte das Evangelium. 1528 legten hier die Einwohner der Stadt Bern, aufgeboten von der Obrigkeit, den Eid auf die Reformation ab. Noch heute werden die Berner Pfarrerinnen und Pfarrer jeweils im Münster ordiniert.
Im Chor sind grosse Fenster mit spätgotischen Glasmalereien zu sehen. Das Fenster links stellt die «Hostienmühle» dar: Die Worte des Neuen Testaments werden in der Mühle gemahlen, wobei unten Christus herauskommt. Unten im Bild verteilen Priester den «gemahlenen» Christus in Form von Hostien (Abendmahlsbrot). Die Reformatoren bekämpften die Auffassung, dass Menschen erst durch die Vermittlung der Kirche mit Christus in Berührung kommen; für sie ist Christus alleiniger Mittler zwischen Mensch und Gott.
Berchtold Haller wurde 1520 Leutpriester am Berner Münster. Er war mit dem Zürcher Reformator Huldrych Zwingli befreundet und predigte im Sinne von dessen Ideen. Im Januar 1528 predigte Zwingli selbst auf der Kanzel des Berner Münsters.
Das Gebäude südlich des Münsterplatzes stammt aus dem 18. Jahrhundert; heute ist darin die Volkswirtschaftsdirektion untergebracht. Früher stand hier das Deutschordenshaus; der Orden wurde 1485 vom Chorherrenstift abgelöst.
Nach der Reformation tagte hier das Chorgericht, das in Kirchen-, Ehe- und Sittenfragen zu richten hatte. Insbesondere ahndete es die Missachtung des Sonntags durch Tanzen oder Wirtshausbesuche.
Im Januar 1528, nach der Berner Disputation, wurden in einem Bildersturm Gemälde und Statuen, die Zeichen des katholischen Glaubens waren, gewaltsam beseitigt. Sie wurden als Material zum Aufschütten der Münsterplattform verwendet. 1986 konnte man unter dem Pavillon in der Südwestecke Überreste bergen und dem Historischen Museum Bern übergeben.
Die Täufer waren Anhänger einer radikalen Reform und eines freiwillig erlebten, von der Obrigkeit unabhängigen Christentums. Sie lehnten die Kindertaufe ab und verweigerten Eid und Kriegsdienst. Das wollte der Staat Bern nicht dulden, sie wurden deshalb in Bern bis Mitte des 18. Jahrhunderts blutig verfolgt. Viele von ihnen wurden zwangsdeportiert. An der Aare unterhalb der Münsterplattform verlud man sie auf Schiffe, die sie rheinabwärts brachten, wo sie ihr Dasein auf den Galeeren fristeten und oft beendeten.
Niklaus Manuel (um 1484-1530) war ein Maler, Dichter, Politiker und wichtiger Förderer der Reformation. Bei der Berner Disputation zwischen Anhängern der Reformation und jenen der katholischen Kirche wirkte er als Rufer, der im Namen des Rates das Wort erteilte. Anschliessend wurde er in den Kleinen Rat gewählt. Bis zu seinem Tod setzte er sich als Diplomat für den Frieden unter den Eidgenossen ein.
1523 wurden in der Kreuzgasse zwei Fasnachtsspiele von Niklaus Manuel aufgeführt. Darin stellte er den Prunk und die Machtfülle der klerikalen Kirche der Armut Christi und seiner Nachfolger gegenüber. Die Fasnachtsspiele trugen viel zur Stimmung zugunsten der Reformation bei.
Die Reformation wurde in Bern am 7. Februar 1528 von der weltlichen Obrigkeit per Mandat eingeführt. Grundlage dafür war die Berner Disputation. Altgläubige Kritiker warfen Bern vor, dass es sich in Glaubensfragen einmische, für die der Bischof, das Konzil oder der Papst zuständig seien. Damit hatten sie zwar nicht ganz unrecht. Doch die Kirche war selber viel zu sehr kompromittiert, als dass sie eine unabhängige Entscheidung hätte treffen können. Und ohne obrigkeitlichen Segen wäre eine Reformation unmöglich gewesen.
Der Tod als Gleichmacher war im Mittelalter ein beliebtes sozialkritisches Motiv. So waren Darstellungen wie der Totentanz von Niklaus Manuel an der Südmauer des Dominikanerklosters häufig. In der starren Ständehierarchie diente der Tod als Ventil für den Unmut in der Bevölkerung über die Ungleichbehandlung, denn im Tod sind die Menschen wieder gleich. Die Kritik am Missbrauch von Privilegien und die Betonung der Gleichheit aller Christen vor Gott trugen der Reformation viele Sympathien ein. Übrigens, auch Niklaus Manuel ist auf dem Bild zu sehen, neben dem Tod, der seiner Arbeit ein Ende setzt.
Die ehemalige Dominikanerkirche wurde 1623 der französischsprachigen Gemeinde überlassen, die vorwiegend aus Waadtländern bestand. Im späten 17. Jh., insbesondere nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685 wurden die Protestanten (Hugenotten) in Frankreich blutig verfolgt. Zahlreiche Flüchtlinge aus Frankreich und dem Piemont kamen nach Bern. Die Hugenotten trugen viel zum wirtschaftlichen Aufschwung an ihren neuen Wohnorten bei, aber auch zur Verbreitung der französischen Kultur in ganz Europa.
In der Barfüsserkirche tagte vom 6. bis 26. Januar 1528 die vom Berner Rat einberufene Disputation. Die anwesenden Theologen sollten die reformatorischen Thesen beurteilen, die Berchtold Haller aufgestellt hatte. Grundlage war allein die Heilige Schrift. Die Frage: «Einführung der Reformation – Ja oder Nein?» wurde bejaht.
Auch nach 1528 blieb die Reformation im Gebiet Berns umstritten. Vor allem Landbewohner hofften auf eine Rückkehr zum katholischen Glauben. Im Januar 1532 tagte in Bern eine Synode der Geistlichen, welche die Differenzen beilegen sollte.
Die Ergebnisse wurden im «Berner Synodus» festgehalten, einer theologischen Schrift, die in einem friedlichen Geist die strittigen Fragen regelte. Die beschlossenen Reformationsthesen der Disputation (die Schlussreden), das Reformationsmandat und der Synodus werden noch heute jedem jungen Pfarrer bei der Ordination ausgehändigt.
Die Einführung der Reformation führte auch zu einer Reform des Bildungswesens. Zwischen 1528 und 1548 richtete Bern zum Zweck pastoraler und öffentlicher Bildung im Barfüsserkloster die «Hohe Schule» ein. Neben Philologie und Philosophie wurde vor allem die Bibel in den Ursprachen Hebräisch und Griechisch ausgelegt.
Bartholomäus May, der in diesem Haus wohnte, war ein einflussreicher und wohlhabender Kaufmann mit weit verzweigten Handelsbeziehungen. Als Mitglied des Kleinen Rats unterstützte er die Reformation. Während der Disputation von 1528 war Zwingli Gast in seinem Haus.
Wolfgang Musculus (Müslin) (11497-1563) war in Strassburg und Augsburg als Reformator tätig, bevor er 1549 als Professor an die Hohe Schule in Bern berufen wurde. Musculus war einer der besten Theologen seiner Zeit. In Bern verfasste er biblische Kommentare, lateinische Übersetzungen griechischer Kirchenväter sowie dogmatische Schriften.
Besiedelt war das Gebiet der heutigen Stadt Bern schon in der Jungsteinzeit. Kelten, Römer und Alemannen lösten einander ab. Doch erst 1191 gründete Berchtold von Zähringen in einer Aareschleife die Stadt Bern. Nicht einmal drei Jahrzehnte später war Bern bereits eine freie Reichsstadt. Bald begann Bern, sich Gebiete einzuverleiben. 1353 verbündete sich Bern mit den Eidgenossen. Im Spätmittelalter war Bern der mächtigste Stadtstaat nördlich der Alpen.
Ab 1518 mehrten sich die kritischen Stimmen gegenüber der Kirche. Grossen Einfluss hatten Niklaus Manuels Fasnachtsspiele. 1520 wurde Berchtold Haller Leutpriester am Münster. Er war von jeher ein Befürworter von Reformen, die Freundschaft mit Zwingli bestärkte ihn darin. Der Rat setzte eine Disputation auf den 6. Januar 1528 an. Haller verfasste dazu zehn Thesen als Diskussionsgrundlage. Schliesslich fanden sich 250 Theologen ein, unter ihnen auch Zwingli und Oekolampad aus Basel.
Nach 20 Tagen entschied sich die Versammlung deutlich für die Reformation. Die Entscheide wurden in den Schlussreden zusammengefasst. Wenig später erliess der Rat das Reformationsmandat, mit dem er die Pfarrer auf die Reformation verpflichtete. Einen Aufstand im Oberland schlugen die Berner militärisch nieder. Nach der Niederlage der Zürcher und dem Tod Zwinglis im 2. Kappeler Krieg 1531 kam es noch einmal zu Unsicherheiten; eine Synode sprach sich 1532 endgültig für die Reformation aus.
So stärkte der Übergang Berns zur Reformation Anfang des 16. Jahrhunderts die Bewegung in der Schweiz entscheidend. Das reformierte Zürich war nun innerhalb der Eidgenossenschaft nicht mehr isoliert. Bern sicherte die Reformation in der verbündeten Stadt Genf und trug somit wesentlich zur Wirkung Calvins bei. Zugleich bewirkte Bern auch die Reformation in der Waadt, in Neuenburg sowie in Teilen des Juras, Solothurns und des Aargaus. Auch wenn die Reformation für die Menschen unbestritten eine Befreiung war, war sie für Bern doch in erster Linie eine politische Angelegenheit.
Ein düsteres Kapitel ist der Umgang Berns mit den Täufern. Von Zürich aus hielt diese Lehre bald auch Einzug im Bernbiet. Der Rat verbot das Täufertum und setzte das Verbot mittels Denunziation, Verbannung und Schwert durch. Bis 1571 wurden 26 Täufer hingerichtet, doch unzählige starben in Gefängnissen, auf der Flucht oder auf den Galeeren. Im 18. Jh. wanderten viele in den Jura aus, wo sie unter dem Schutz des Fürstbischofs von Basel auf den Höhen siedelten; noch heute existieren dort deutschsprachige Täufersiedlungen. Die Verfolgungen endeten erst mit dem Untergang des Ancien Régime 1798.
Als Freund von Philipp Melanchthon, des engsten Vertrauten Luthers, wirkte Berchtold Haller von Weinsberg bei Heilbronn (1492 – 1536) ab 1513 in Bern, ab 1520 war er Leutpriester am Münster. Er brauchte jedoch bis 1522, um erste zaghafte Versuche einer Reform zu unternehmen. Dabei stiess er aber auf heftigen Widerstand der Altgläubigen. Entmutigt wollte er sich aus Bern zurückziehen, wurde aber von Zwingli ermutigt: «Fahre nur mutig fort, deine wilden Bären allmählich zu zähmen.»
Also ging Haller 1523 nach dem Vorbild Zwinglis zur «Lectio continua», zur fortlaufenden Schriftauslegung über, bei der er sich nicht mehr an die Predigtordnung hielt. 1525 hörte er auf, die Messe zu lesen. Im Januar 1528 fand die Berner Disputation statt, für welche Haller mit Hilfe des Theologen Franz Kolb zehn Thesen verfasste, welche dann diskutiert wurden. Anlässlich der Disputation reiste auch Zwingli nach Bern und predigte selber auf der Kanzel des Münsters. Das – nicht ganz zufällige – Resultat war das Berner Reformationsedikt, welches die neue Lehre in Bern festschrieb.
Nach Zwinglis Tod im 2. Kappeler Krieg 1531 geriet die Reformation auch in Bern ins Schlingern. Der Rat berief eine Synode ein und Haller fürchtete um den Ausgang, zumal Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger nicht dabei sein konnte. Da erhielt er Unterstützung des Strassburger Reformators Wolfgang Capito. Gemeinsam erarbeiteten sie den Berner Synodus, die Kirchenordnung, den die Synode dann annahm. Danach wurde Haller Dekan (oberster Leiter) der Berner Kirche und durch seine Kontakte nach Genf auch ein Mittler zwischen der Reformation von Calvin und derjenigen von Zwingli.
Niklaus Manuel (1484 – 1530) war eine illustre Persönlichkeit. Als Dichter nahm er die katholische Praxis seiner Zeit aufs Korn, womit er viel zum Durchbruch der Reformation beitrug. Er war neben Hans Holbein d.J. der bedeutendste Maler der Renaissance auf Schweizer Boden. Auch als Baumeister war er tätig und wirkte am Bau des Münsters mit. Doch er verdingte sich auch als Söldner zu Gunsten Frankreichs. 1510 wurde er in den Grossen Rat, 1528 in den Kleinen Rat gewählt.
Die Martinskirche wurde 1491 im gotischen Stil neu gebaut. 1523 wurde der Maienfelder Johannes Comander vom Stadtrat an die Martinskirche berufen. Wohl um 1525 feierte er das erste evangelische Abendmahl. Nach den Ilanzer Artikelbriefen von 1526, sicher ab 1527, wird in Chur mit Ausnahme des Bischofshofes die Reformation eingeführt. Altäre, Schmuck, Gewänder und Fahnen werden entfernt, der Hochalter bleibt noch bis 1529 in der Kirche. Beibehalten wird das kunstvoll geschnitzte Chorgestühl.
Links neben der Kirche verläuft die Comandergasse, wo Johannes Comander wohnte, und an der Kirchgasse 12 das Antistitium, wo bis heute das Amtshaus des Pfarrers zu St. Martin ist. Die «Hasenstube» mit Wandmalereien von 1600 ist heute Sitzungszimmer. Der Name der Stube stammt von der darin erhaltenen Malerei aus der Renaissance, deren Hauptmotiv unter dem Thema «Verkehrte Welt» steht: Zehn Hasen führen in einem Triumphzug einen Jäger und seine Hunde ab.
Ursprünglich aus dem 9. Jahrhundert, wurde die Regulakirche vor 1500 in gotischem Stil neu erbaut. Das Wandgemälde von 1504 wurde während der Reformation übertüncht und erst 1968 wieder freigelegt. 1526 wurde der streng römische Priester Johann Brunner abgesetzt. Seit 1530 wirkte an der Regulakirche der wohl aus dem Münstertal stammende Johannes Blasius, Mitverfasser des Bündner Katechismus (1538). Nach dessen Tode 1550 wurde Philipp Gallicius, ebenfalls ein Münstertaler, Verfasser der Confessio Raetica (1552/53), an die Regulakirche berufen.
1526 kamen die Klöster der Drei Bünde unter staatliche Aufsicht. 1538 wurde das Kloster St. Nikolai aufgelöst und Comander gründete 1538/39 eine Lateinschule, die zur Vorläuferin der späteren Kantonsschule wurde. Von 1539 bis 1542 wirkte dort unter anderem der streitbare Münstertaler Humanist Simon Lemnius (Heldenepos «Raeteis», Liebeselegien «Amores»). Mit Erfolg konnte Comander 1544 vorerst dessen Rückkehr als Lehrer verhindern und der Zürcher Johannes Pontisella (†1574) wurde berufen; durch die Vermittlung von Johannes Travers gelang es Lemnius 1545 dennoch, wieder an der Nikolaisschule zu wirken.
Seit 1529 bestand an dieser Stelle ein erster, evangelischer Friedhof während 333 Jahren, der Scaletta-Friedhof, bis zur Eröffnung des Daleu-Friedhofs 1862. Comander ist hier anonym und ohne Grabstein bestattet. Nach dem Scaletta-Friedhof wird auch die traditionelle Amtstracht der reformierten Bündner Geistlichen benannt, der Scaletta-Mantel.
An der Kirchgasse 14 befindet sich das Zunfthaus der Schneiderzunft, einer der fünf Churer Zünfte. Im Rahmen der Demokratisierungsbewegungen in den Drei Bünden im 15. Jahrhundert erkämpften sich die Churer gegenüber dem Fürstbischof Bürgerfreiheiten und führten die Zunftordnung ein.
Das Rathaus wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jh. erstmals erwähnt und bald darauf in ein Spital umgewandelt. Nebenan entstand ein neues Rathaus mit dazugehörigem Kaufhaus. Spital, Rathaus und Kaufhaus wurden beim Brand von 1464 zerstört. Über einer Eingangstür des heutigen Rathauses an der Reichsgasse steht zwar die Jahreszahl 1525, die Ratsstube wurde aber bereits 1494 fertig gestellt. Als Hauptort des Gotteshausbundes war der Churer Rat massgeblich an der Beschränkung der Herrschaftsrechte des Bischofs beteiligt. Die Rathaushalle von 1540 diente dem Transitverkehr und dem Handel.
Die Zitadelle thront als katholischer Bischofshof über der Stadt an dem Ort, wo schon eine bronzezeitliche Siedlung und das spätrömische Kastell standen. Die Churer Bischöfe erhielten 1170 vom Kaiser den Rang von Reichsfürsten. Die Kathedrale ist der Himmelfahrt Mariä geweiht. Oberhalb steht die katholische Kirche St. Luzi mit den Reliquien des Hl. Luzius. Infolge der Demokratisierungsbewegungen in den Drei Bünden ist die Macht des Bischofs stark eingeschränkt worden, so dass Bischof Paul Ziegler 1524 die Stadt verliess und die nächsten 16 Jahre auf der Fürstenburg im Vinschgau residierte.
Einzige von Reformierten gebaute Churer Kirche, die am Reformationssonntag 1957 im 400. Todesjahr Comanders eingeweiht wurde.
In Chur entstand schon im 4. Jahrhundert das erste Bistum nördlich der Alpen. Sowohl die Kathedrale als auch die Bischofsburg wurden später auf dem «Hof», dem Felsplateau über der heutigen Altstadt, gebaut, wo sie noch heute stehen. Die Drei Bünde (Gotteshausbund, Grauer Bund, Zehngerichtebund) waren ein Freistaat im Gebiet des heutigen Kantons Graubünden, der sich seit Mitte des 15. Jahrhunderts langsam herausbildete, unter anderem um die Macht des Bischhofs zurückzubinden. Nach dem Stadtbrand 1464 gestand Kaiser Friedrich III. den Churer Bürgern die fast vollständige Befreiung von der bischöflichen Herrschaft zu. Die politische Macht ging faktisch an die fünf neugegründeten Zünfte über, was die Grundlage späterer kirchlicher Reformen bildete.
1523 berief der Stadtrat Johannes Comander aus Maienfeld an die Hauptkirche St. Martin. Schon zuvor hatte in Chur der reformorientierte Jakob Salzmann gewirkt, und auch am Bischofshof war man offen für Reformen. Mit den Ilanzer Artikelbriefen von 1524 und 1526 gab sich der unabhängige Staat auch eigene Gesetze. Die ersten Artikelbriefe waren gegen Missstände des Kirchenwesens gerichtet. Radikaler fielen die zweiten Artikelbriefe aus, die unter anderem die Rechte des Bischofs empfindlich beschnitten. Damit fand eine Verlagerung der Herrschaftsrechte auf die Gemeinden statt. So konnten die Gemeinden künftig ihre Geistlichen selbst wählen und entlassen.
Nach den Ilanzer Artikelbriefen von 1526 wurde 1527 in Chur auf Beschluss des Rates die Reformation eingeführt. Altäre, Schmuck, Gewänder und Fahnen wurden entfernt, der Hochaltar blieb allerdings bis 1529 in der Kirche. Beibehalten wurde das kunstvoll geschnitzte Chorgestühl. Als Folge der Ilanzer Artikel ging im Gebiete der Drei Bünde die Reformation mehrheitlich friedlich vonstatten. Wichtige Voraussetzung dafür war die jeder Frau und jedem Mann gewährte Religionsfreiheit. Dies konnte zu paritätischen Gemeinden führen. In manchen derselben fanden später als Folge der konfessionellen Radikalisierung heftige Auseinandersetzungen statt.
Die Evangelisch-rätische Synode wurde 1537 vom Bundstag zur Konsolidierung und Institutionalisierung der reformierten Kirche Bündens und ihrer Geistlichen beidseits der Alpen gegründet. Die Synode als Versammlung aller reformierten Pfarrer besteht noch heute und trifft sich jährlich jeweils in einer anderen Gemeinde. Die Confessio Raetica wurde von Philipp Gallicius 1552/1553 verfasst, um ein gemeinsames Glaubensbekenntnis sowie eine Synodal- und Gottesdienstordnung für das Gebiet der Drei Bünde und der Untertanenlande (Chiavenna, Vetllin, Bormio) zu haben. Die Confessio Raetica wurde 1566 durch das Zweite Helvetische Bekenntnis von Heinrich Bullinger ergänzt.
Johannes Dorfmann (1484-1557), genannt Comander, war Sohn eines Hutmachers aus Maienfeld und besuchte die Klosterschule St. Gallen und die Universität Basel. In St. Gallen lernte er den späteren Reformator Vadian kennen, in Basel Zwingli. Seit 1512 war Comander Pfarrverweser und ab 1521 Pfarrer von Escholzmatt (LU). 1523 wurde er vom Stadtrat nach Chur an die Martinskirche berufen. Seine reformatorischen Predigten waren bald weit herum bekannt. In der Ilanzer Disputation (1526) legte er 18 Thesen vor, die später als Grundlage für die Berner Thesen (1528) dienten.
Er war der erste Vorsitzende der um 1537 gegründeten Synode, verfasste 1538 zusammen mit Johannes Blasius den ersten Bündner Katechismus und 1545 eine Churer Kirchenordnung. 1539 gründete er die Lateinschule St. Nicolai. Dank Unterstützung und Beratung durch Heinrich Bullinger gelang es ihm, mit der Confessio Raetica (1552/53) auch die Südtäler in die Synode einzubinden.
Das Monument erinnert an die wichtigsten Ereignisse und Personen, die im 16. und 17. Jahrhundert die Ausbreitung der calvinistischen Reformation in Genf und in der Welt förderten. Es wurde an einem symbolträchtigen Ort errichtet: angelehnt an die einstige Stadtmauer, unterhalb des Rathauses und gegenüber der Universität. Der Bau begann 1909 zum Gedenken an Calvins 400. Geburtstag und wurde 1917 beendet.
Es trägt als Inschrift die Losung der Genfer Reformation: «POST TENEBRAS LUX» (Nach der Finsternis das Licht) sowie die griechischen Lettern IHS für Jesus. Die vier grossen Statuen stellen die Hauptpersonen der Genfer Reformation dar (von links): Guillaume Farel, Jean Calvin, Théodore de Bèze und den Reformator Schottlands, John Knox. Sechs mittelgrosse Statuen und acht Flachreliefs zeigen weitere wichtige Personen und Ereignisse der Reformation. Auch die Namen zweier weiterer Grosser der Reformation, Ulrich Zwingli und Martin Luther, sind erwähnt.
Seit 500 Jahren ist das Rathaus das politische Herz Genfs. Sein Bau erstreckte sich über fast 300 Jahre. 1526 wurde der «Rat der 200» geschaffen, der Vorläufer des heutigen Stadtparlaments. Dieser Rat war es denn auch, der 1535 die Messe aussetzte und damit die Reformation einführte.
Das Genfer Stadtwappen über dem Portal von Hausnummer 2 zeigt den gekrönten Adler als Insignie des Reiches, dem Genf seit dem 11. Jahrhundert angegliedert war, und den goldenen Schlüssel des Bischofs, dem die Stadt ab 1387 ihre Privilegien verdankt. Im Hof ist ein Meisterwerk der Baukunst des 16. Jahrhunderts zu sehen: eine Rampe, die es erlaubte, die drei Stockwerke des Gebäudes zu erreichen, ohne vom Pferd oder aus der Sänfte steigen zu müssen.
St-Germain gehört zu den fünf ältesten Kirchen Genfs. Schon im 5. Jahrhundert erhob sich am selben Ort ein Gotteshaus. Die heutige Kirche wurde im 15. Jahrhundert erbaut. Seit der Reformation diente sie verschiedenen Zwecken: Als zusätzlicher Gottesdienstraum während des Zustroms von Flüchtlingen, als Artilleriedepot, als Raum für politische Versammlungen und sogar als Fleischlager. Während der Franzosenzeit 1798 – 1813 feierten hier die Katholiken die Messe, seit 1873 dient sie der Christkatholischen Gemeinde als Gottesdienstraum.
Die Grand-Rue ist die zentrale Achse der Altstadt. An ihr stehen Gebäude aus dem Mittelalter neben solchen aus dem 17. oder 18. Jahrhundert. Die ältesten Häuser wurden errichtet, als tausende reformierte Flüchtlinge nach Genf strömten und die Stadt sich nur nach oben entwickeln konnte, weil ihre Mauern keine Entwicklung in die Horizontale erlaubten.
Das Haus Nr. 11 wurde 1743 als Residenz des französischen Gesandten errichtet, an der Stelle eines älteren Gebäudes, in dem dieser bereits residierte. 1679 beschloss der französische König Louis XIV., eine ständige Vertretung einzurichten, um seine Interessen in der freien Stadtrepublik Genf zu vertreten. Gemäss den diplomatischen Gepflogenheiten feierte dieser in seinem Haus die Messe. Dies verunsicherte die Genfer, welche die Messe 150 Jahre zuvor abschafften. Sie befürchteten, dass der französische König den katholischen Glauben mit Gewalt wieder einführen könnte.
Früher «Temple neuf» genannt, wurde der Temple de la Fusterie 1713 bis 1715 als erste neue Kirche nach der Reformation gebaut. Bis dahin war der Gottesdienst in den mittelalterlichen Kirchen St-Pierre, St-Gervais und Madeleine gefeiert worden, deren Innenraum für die Bedürfnisse des neuen Gottesdienstes umgestaltet worden war. Der Zustrom von Flüchtlingen nach dem Widerruf des Ediktes von Nantes 1685 liess die Kirchen aber aus allen Nähten platzen, und die Gläubigen fanden nicht mehr alle Platz.
Deshalb wurde diese vierte Kirche nach dem Vorbild der protestantischen Kirche von Charenton bei Paris gebaut, welche 1686 auf Befehl von Louis XIV. abgerissen worden war. Mehrere barocke Elemente heben den Temple de la Fusterie von den anderen Genfer Kirchen ab.
Die «unteren Strassen» sind Rue du Marché, Rue de la Croix-d’Or und Rue de Rive. Hier, nah des Hafens, der Lagerhallen und der Märkte, entstanden im 13. Jahrhundert die ersten Messen, was die Bedeutung von Genf steigerte. Die Strassen waren dreigeteilt: In der Mitte verkehrten die Karren, auf beiden Seiten davon standen Verkaufsbuden, so dass die Geschäfte im Trockenen abgewickelt werden konnten. Zwischen den Buden und den Häusern konnten die Fussgänger verkehren.
Der Place Molard war während Jahrhunderten das politische und wirtschaftliche Zentrum Genfs. Hier kam es im 16. Jahrhundert zu Zusammenstössen der Anhänger Savoyens und der Eidgenossenschaft, welche die Stadt spalteten, wenig später zwischen den Anhängern des alten und des neuen Glaubens. Und hier hielt Antoine Froment am 1. Januar 1533 die erste öffentliche reformierte Predigt.
Die Kirche Ste-Marie-Madeleine wurde 1110 auf den Fundamenten mehrerer Vorgängerbauten errichtet. Sie war von einem Friedhof umgeben, welcher bis zur Reformation bestand. Sie wurde anlässlich einer Stadterweiterung in Richtung See errichtet. Durch die Nachbarschaft zum Geschäftszentrum wurde sie zur reichsten Kirche der Stadt. Nach zwei Bränden wurde sie 1146 umfassend restauriert.
Mit der Reformation wurde sie mehrfach umgebaut und zum reformierten Gottesdienstraum umfunktioniert: die Kanzel im Zentrum, umgeben von Bänken, Galerien rundum entlang der Wände. Heute hängt im Turm die älteste Glocke Genfs, «Grillet» genannt; sie wurde 1420 gegossen.
Die Reformation machte aus Genf eine gebildete Stadt, Bildung war eines ihrer Hauptanliegen. In der Tat war die Alphabetisierung in Genf weit fortgeschrittener als in den umliegenden katholischen Gebieten. Mit der Annahme der Reformation 1536 beschlossen die Genfer zugleich, eine Schule zu bauen, die alle Kinder zu besuchen hätten. Erst 1559 wurde das Projekt jedoch mit dem Bau des Collège und der Académie umgesetzt. Buben ab sieben Jahren lernten hier täglich zehn Stunden lang Griechisch, Latein, Logik, Rhetorik und den Katechismus.
Das erste Gebäude von 1558, das noch heute steht, trägt den Namen Collège Calvin. Seine Architektur orientiert sich an der französischen jener Zeit. Die Akademie, Vorläuferin der heutigen Universität, wurde zum Samen des Calvinismus in Europa. Von weit her kamen junge Männer zum Studium nach Genf und trugen Calvins Gedanken in die Welt hinaus. Erster Rektor war Calvins Mitstreiter Théodore de Bèze. In dem Gebäude war auch die erste Bibliothek Genfs bis 1872 untergebracht.
Dieses Gebäude wurde 1762 bis 1766 für die Gemeinde der deutschsprachigen Lutheraner erbaut. Obwohl ebenfalls protestantischen Glaubens, unterscheidet sich deren Lehre und Liturgie in einigen Punkten von derjenigen der Calvinisten. Bedingung für den Bau war, dass das Gebäude nicht an eine Kirche erinnern durfte – also sieht es aus wie ein dreistöckiges Wohnhaus. Im Inneren nimmt der Gottesdienstraum die beiden unteren Stockwerke ein. Heute wird hier der Gottesdienst nicht nur in deutsch, sondern auch in Englisch, Schwedisch, Dänisch, Norwegisch und Finnisch gehalten.
Die Auditoire-Kirche, früher Notre-Dame-la-Neuve, erhebt sich über den Grundmauern einer Kapelle aus dem 10. Jahrhundert. Sie wurde im 15. Jahrhundert in nüchterner Gotik neben der Kathedrale erbaut. Nach der Reformation nutzten sie nicht französisch sprechende Reformierte – Engländer, Schotten, Holländer und Italiener – für ihre Gottesdienste. Auch John Knox predigte dort während seiner Zeit als Flüchtling in Genf. Hier beschlossen er und einige seiner Landsleute, die Bibel auf Englisch zu übersetzen. Die «Geneva Bible» wurde dann 1556 bis 1559 übersetzt.
«Auditoire» wird die Kirche genannt, weil hier Jean Calvin, Théodore de Bèze und ihre Nachfolger Vorträge hielten. Von hier ging das spirituelle und moralische Gedankengut aus, für das Genf im 16. und den nachfolgenden Jahrhunderten berühmt war. Gleichzeitig war diese Kirche auch Versammlungsort der Genfer Pastoren zur Zeit Calvins. Noch heute wird die Kirche für die Gottesdienste der reformierten Schottischen, Holländischen und Italienischen Gemeinden genutzt.
Wo sich heute die Kathedrale erhebt, stand in der Spätantike ein Heiligtum, ab dem 4. Jahrhundert ein Bischofssitz. Die heutige gotische Kathedrale wurde zwischen 1150 und 1250 erbaut. Seitdem wurden vielerlei Erneuerungen und Umbauten vorgenommen; um 1750 beispielsweise wurde die zerfallende Hauptfassade aus dem Mittelalter durch die heutige neoklassische ersetzt. Während der Reformation wurden alle Dekorationen im Innern sowie die Ornamente entfernt, die Wandgemälde wurden übermalt; einzig die Glasfenster blieben erhalten.
Hier predigte Calvin jede zweite Woche täglich, am Sonntag sogar zwei Mal, vor hunderten Gläubigen. Die Makkabäerkapelle, die sich an die Südfassade anschliesst, wurde um 1400 erbaut. Während der Reformation wurde sie in ein Salzlager umfunktioniert, um 1670 wurden auf drei Etagen Schulräume für die Akademie eingebaut.
Das herrschaftliche Gebäude wurde im 18. Jahrhundert an der Stelle des früheren Klosters St-Pierre errichtet, das 1536 die Reformation annahm. Der Tuchhändler und Bankier Gédéon Mallet wünschte ein Zuhause für seine Familie mit neun Kindern zu bauen. Dabei hatte er den Wunsch der Stadtregierung nach der Verschönerung des Platzes ebenso wie die beschränkten Platzverhältnisse zu berücksichtigen. Als das klassizistische Gebäude 1723 nach den Plänen des Pariser Architekten Jean-François Blondel errichtet worden dar, sorgte es wegen seiner Pracht für Aufsehen.
Heute beherbergt das Mallet-Haus das Musée International de la Réforme (MIR) und den Sitz der protestantischen Kirche Genf. Das MIR wurde 2008 eröffnet und stellt die Geschichte Genfs und der Reformation bis heute dar. Sein Ziel ist es, die Geschichte der Reformation, die von Luther, Calvin und anderen angestossen wurde, greifbar zu machen. Mittels Objekten, Büchern, Handschriften, Gemälden und Kupferstichen wird die Geschichte einer Bewegung erlebbar, die massgeblich von Genf ausging und die Welt bis heute prägt. Im April 2007 erhielt das MIR den Museumspreis des Europarates.
Caesar erwähnt in seinem «Gallischen Krieg» eine keltisch-römische Stadt Genava. Von etwa 400 bis zur Reformation war Genf Bischofssitz. Die Stadt gehörte zum Königreich Burgund, bis sie bzw. das Bistum 1162 unabhängig und reichsunmittelbar wurde. Im 13. Jahrhundert wurde Genf eine wichtige Messestadt und entsprechend reich und bedeutend. Im selben Jahrhundert verlieh der Bischof den Einwohnern der Stadt mehr Freiheitsrechte, etwa das Bürgerrecht.
Anfangs des 16. Jahrhunderts befand sich das zuvor florierende Genf in einer Wirtschaftskrise. Neue Messen in Lyon bescherten einen rapiden Niedergang, die Stadt entvölkerte sich. 1517 begann die Reformation in Deutschland, die sich aber erst ab 1525 in Genf auswirkte. Es dauerte weitere zehn Jahre, bis die Predigt von Guillaume Farel auf fruchtbaren Boden fiel. Doch richtigen Aufschwung erlebte die Bewegung erst mit der Ankunft von Jean Calvin im Juli 1536. Er machte aus Genf das «reformierte Rom» und gab der Rhonestadt eine Bedeutung, die deren politischen Einflussbereich weit überstieg.
Schon ab 1540 wurde Genf Zufluchtsort für Reformierte, die in ihren Heimatländern verfolgt wurden und hier ihren Glauben frei leben konnten. Einen Höhepunkt erlebte der Zustrom von Glaubensflüchtlingen nach der Batholomäusnacht 1572, als der französische König versuchte, den reformierten Glauben mit Gewalt auszurotten. Neben Franzosen suchten Italiener, Engländer und sogar Spanier in Genf Asyl. Unter ihnen waren nicht nur dringend benötigte Pastoren, sondern auch Professoren, Juristen, Ärzte, Drucker, Uhrmacher, Goldschmiede, Weber und Bankiers, die der Genfer Wirtschaft Auftrieb verliehen.
Ein zweites Mal wurde Genf Zufluchtsort französischer Protestanten (Hugenotten) nach dem Widerruf des Toleranzedikts von Nantes 1685. Auch dieses Mal sorgten die Flüchtlinge in der Uhrmacherei, im Bankwesen oder in der Indiennes-Produktion für einen Aufschwung, der Genf im 18. Jahrhundert berühmt machte. Auch die Wissenschaft und die Kunst der Rhonestadt profitierten. Alles in allem gewann Genf durch die Reformation beträchtlich an intellektuellem und spirituellem Einfluss.
Jean, oder Johannes, Calvin stammte, wie viele Reformatoren, aus Frankreich, wo er wegen seines Glaubens verfolgt worden war. Er entsprang einer wohlhabenden Familie in Noyon in Nordfrankreich. Er besuchte die Lateinschule in Noyon, erhielt dank der Stellung seines Vaters aber bald Hausunterricht mit den Söhnen einer adligen Familie. Dank seiner Pfründen konnte er sein Studium in Paris ab 1523 finanzieren. Anschliessend studierte er in Orléans Recht.
Zurück in Paris, begegnete Calvin zum ersten Mal reformatorischen Gedanken. Er freundete sich mit dem neuen Rektor der Universität Nikolaus Kop an. Als dieser bei seiner Antrittsrede offen für die reformierte Lehre Partei nahm, mussten Kop und Calvin aus Paris fliehen. Am 18. Oktober 1534 hingen überall in Paris, sogar an der Schlafzimmertür des Königs, Flugblätter, die mit dem «abscheulichen, grossen und unerträglichen Missbrauch der päpstlichen Messe» abrechneten. Der König ordnete erzürnt eine Verfolgung der Evangelischen an, Calvin floh nach Basel, wo er Bullinger und Farel kennenlernte.
Vor allem aber arbeitete er in Basel an der ersten Auflage seiner «Institutio Christianae Religionis». 1536 reiste er noch einmal nach Noyon. Auf dem Rückweg nach Basel versperrte ihm ein Krieg den Weg, darum wich er nach Genf aus, wo er Farel wiedersah. Der wünschte ihm Gottes Verdammnis an den Hals, falls er sich ins Gelehrtenkämmerlein zurückziehe, statt der leidenden Reformation in Genf zu helfen. Also blieb Calvin und arbeitete eine Gemeindeordnung aus, die das Leben bis ins Detail regelte. Man hatte regelmässig im Gottesdienst zu erscheinen und auf jegliches Vergnügen zu verzichten.
Die Gemeindeordnung stiess auf heftigen Widerstand, und als Calvin 1538 der ganzen Gemeinde das Abendmahl verweigerte, wurde er aus der Stadt geschickt. Er ging nach Strassburg, war Professor, betreute eine hugenottische Flüchtlingsgemeinde und lernte etwas mehr Gelassenheit. 1540 heiratete er die verwitwete Hugenottin Idelette de Bure. Inzwischen lief die Reformation in Genf aus dem Ruder, und eine neue Stadtregierung bittet Calvin, wiederzukommen und für Ordnung zu sorgen. Ab 1541 lebt Calvin für den Rest seines Lebens in Genf.
1553 wurde der Spanier Miguel Servet auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Calvin hatte sich zwar für das Todesurteil, aber gegen das Feuer ausgesprochen. 1555 errangen seine Anhänger im Stadtrat die Mehrheit, was für Calvins Gegner häufig Verbannung oder gar Tod bedeutete. 1559 gründete er die Akademie, die in der reformierten Welt grossen Einfluss ausübte. Zudem schrieb er immer wieder neue Auflagen der «Institutio»; er erweiterte sie von sechs Kapiteln in der ersten bis auf 80 Kapitel in der letzten Ausgabe. Sie war und ist teilweise noch heute das zentrale Werk der reformierten Theologie.
Der Calvinismus wurde zur bestimmenden Bewegung innerhalb des reformierten Glaubens, vor allem der angelsächsischen Kirchen. Heute sind die nordamerikanischen Kirchen – Methodisten, Baptisten, Pfingstler und viele andere – noch immer stark von Calvin geprägt, und mit ihnen die Gesellschaft. Sein Denken hatte grossen Einfluss auf die Entstehung der Menschenrechte und der Demokratie, und damit auf die amerikanische Unabhängigkeitserklärung. Sie beeinflusste auch die europäischen Verfassungen der Neuzeit, und damit kam Calvins Gedankengut auf Umwegen zurück nach Europa.
1519 geboren, wuchs Théodore de Bèze in einer Adelsfamilie in Vézelay im Burgund auf. Er studierte Recht in Orléan, bevor er 1548 nach Genf und bald nach Lausanne zog. Dort unterrichtete er während zehn Jahren Griechisch an der Akademie.
Ab 1558 war de Bèze Pfarrer sowie Professor der Theologie in Genf. Als Vertrauter von Jean Calvin wurde er mehrfach nach Deutschland zu protestantischen Fürsten gesandt, wo er um Unterstützung für die verfolgten Protestanden in Italien und Frankreich bat. Sein diplomatisches und rhetorisches Geschick führte ihn immer wieder an Religionsgespräche und Synoden in Frankreich.
Nach dem Tod Calvins 1564 galt de Bèze als führender Theologe des reformierten Glaubens. Er war dessen Nachfolger als Vorsitzender des Konsistoriums (Kirchenleitung); dieses Amt legte er 1580 nieder. 1598 verabschiedete er sich auch vom Lehramt und 1600 vom Predigtamt. Er starb 1605 in Genf, wo eine der grossen Figuren des Reformationsdenkmals ihm gewidmet ist.
Das heutige Rathaus wurde 1882/85 an der Stelle erbaut, wo früher die Casa Grischa stand. Hier wurden die Ilanzer Artikelbriefe (1524, 1526) vom Bundstag der Drei Bünde verabschiedet und hier fand der zweite Teil der Ilanzer Disputation von 1526 statt. Die zweiten Artikelbriefe verhalfen der Reformation zum Durchbruch. Sie bestimmten, dass jede Gemeinde ihrem Pfarrer ein angemessenes Gehalt zukommen lassen müsse, zugleich aber auch das Recht habe, «ainen pfarrer zu zetzen und entsetzen, wan es sy guett beduncktt». Die Souveränität hatte sich damit vom Bischof auf die Gemeinden verlagert.
Die Casa Grischa (Graues Haus) wurde nach dem Stadtbrand von 1483 gebaut, wohl aber erst 1517 beendet. Hier tagte nicht nur der Stadtrat von Ilanz bis zum Abbruch des Hauses 1881, sondern auch bis 1798 die Gesandten des Grauen Bundes sowie diejenigen aller Drei Bünde. Dank der staatspolitisch wichtigen Artikel des Grauen Bundes (1523) und der Artikelbriefe der Drei Bünde (1524, 1526) wurde Ilanz ein in Reformfragen massgebender Ort. Erst mit der Gründung des Kantons Graubünden (1803) als Teil der damaligen Eidgenossenschaft hat die Casa Grischa ihre überregionale Bedeutung verloren.
Wohl bereits 765 stand in Unter-Ilanz eine Marienkirche. 1288 wurde an derselben Stelle ein gotischer Neubau mit dem Patrozinium St. Margaretha erstellt, welcher 1483 einem Stadtbrand zum Opfer fiel. Der spätgotische Neubau von 1494 wurde im Kirchenschiff allerdings erst 1518 vollendet. Die Wandmalereien stammen von einem unbekannten Meister. Besonders bemerkenswert sind nebst Naturornamenten die Darstellungen des Todes als Sinnbilder für das Übergewicht der geistlichen Macht über die weltliche und für den Sieg des Lichtes über die Finsternis. Nach der Einführung der Reformation wurden sie übertüncht und erst 1934 bei der Renovation der Kirche wiederentdeckt. Der von der Kirche getrennte Turm war ursprünglich ein Wehrturm.
Beim Stadtbrand von 1483 brannte die alte Stadtmauer von Ilanz zu grossen Teilen ab, so dass heute davon kaum noch Reste erhalten sind. Der Wiederaufbau der Stadtmauer wurde 1513 vollendet. Das heutige Obertor, ohne den Überbau, den die Familie Schmid von Grüneck im 18. Jahrhundert erbaute, war Hauptzugang für die Einwohner von Ober-Ilanz sowie für die Nachbarn und Gesandten, die aus der oberen Surselva und aus dem Lugnez und dem Valsertal kamen.
Die Kirche St. Martin in Ober-Ilanz, urkundlich bereits 765 erwähnt, wurde im Hochmittelalter mehrfach erweitert und mit vielen Stiftungen ausgestattet. Leider sind von den Malereien des sogenannten Waltensburger Meisters (um 1330) nur noch Reste erhalten. Die Kirche war Hauptkirche der Herren von Belmont und später der Grafen von Sax. Zur Pfarrei gehörten auch Strada, Luven und Flond. Erst mit dem Übergang zur Reformation verlor die Kirche an Bedeutung und Pfarrkirche wurde St. Margarethen in Unter-Ilanz. Die Altäre wurden im Zuge der Reformation entfernt. Heute gehört St. Martin der Stadt Ilanz.
Zu Beginn des Mittelalters bestanden drei Siedlungskerne: Ober-Ilanz bei der Kirche St. Martin, Unter-Ilanz im heutigen Städtli und Sankt Nikolaus am linken Ufer des Vorderrheins. Zentrum des Ortes war vorerst wohl Ober-Ilanz, wurde aber bald von Unter-Ilanz abgelöst. Seit der Gründung des Grauen Bundes (1395/1424) nahm Ilanz eine Vorrangstellung ein und wurde später Tagungsort des Dreibündestaates. Schliesslich und übernahm die Stadt bei der Demokratisierung in den Drei Bünden eine Führungsrolle. Nach der Disputation und den Artikelbriefen 1526 hat sich Ilanz der Reformation angeschlossen. Der erste evangelische Pfarrer war Peter Brun.
Die Drei Bünde (Gotteshausbund, Grauer Bund, Zehngerichtebund) waren ein Freistaat im Gebiet des heutigen Kantons Graubünden, der sich seit Mitte des 15. Jahrhunderts langsam herausbildete, unter anderem um die Macht des Bischhofs zurückzubinden. Durch die Ilanzer Artikelbriefe (1524, 1526) erklärten sich die Drei Bünde zum unabhängigen, demokratischen Staat, der bis zum Ende des Ancien Régime (1798) bestand. Der Bundstag war die oberste Behörde des Dreibündestaates, die sich jährlich ein- bis dreimal, je nach Dringlichkeit, traf. Tagungsorte des Bundstages waren im Turnus Ilanz, Chur und Davos.
Nach einer Klage des Abtes von St. Luzi und des Domkapitels beim Bundstag gegen den Churer Pfarrer Johannes Comander, gebürtig aus Maienfeld, und 40 weitere Geistliche setzte der Bundstag auf den 7. Januar 1526 ein Religionsgespräch in Ilanz an. Comander hatte dazu 18 Thesen verfasst und in Ausgburg drucken lassen. Diese behandelten das Abendmahl, die Ohrenbeichte, das Zölibat, die Bilder usw. Resultat der Disputation war, dass Comander nicht verurteilt wurde und die Bibel weiterhin als oberste Instanz galt. Die Verbreitung der Thesen ebnete der Reformation in Graubünden den Weg. Später sollten die 18 Thesen Comanders die Grundlage für die Berner Disputation (1528) bilden.
Mit den Ilanzer Artikelbriefen von 1524 und 1526 gab sich der unabhängige Staat der Drei Bünde eigene Gesetze. Die ersten Artikelbriefe waren gegen Missstände des Kirchenwesens gerichtet. Radikaler fielen die zweiten Artikelbriefe aus, die unter anderem die Rechte des Bischofs empfindlich beschnitten. So sollten die Gemeinden ihre Geistlichen selbst wählen und entlassen. Damit fand eine Verlagerung der kirchlichen und politischen Herrschaftsrechte auf die Gemeinden statt. Die zweiten Artikelbriefe legten die gesetzliche Grundlage zur Ausbreitung der Reformation.
Johannes Dorfmann (1584 - 1557), genannt Comander, war Sohn eines Hutmachers aus Maienfeld und besuchte die Klosterschule St. Gallen und die Universität Basel. In St. Gallen lernte er den späteren Reformator Vadian kennen, in Basel Zwingli. Seit 1512 war Comander Pfarrverweser und ab 1521 Pfarrer von Escholzmatt (LU). 1523 wurde er vom Stadtrat nach Chur an die Martinskirche berufen. Seine reformatorischen Predigten waren bald weit herum bekannt. In der Ilanzer Disputation (1526) legte er 18 Thesen vor, die später als Grundlage für die Berner Thesen (1528) dienten.
Die Kathedrale ist eines der bedeutendsten Bauwerke der Gotik in der Schweiz und war einst Bischofssitz. Sie entstand im 12. und 13. Jahrhundert. Ab dem 16. Jahrhundert veränderten die Reformierten sie grundlegend.
Das erste Edikt der Reformation vom 19. Oktober 1536 verbot die Messe und führte zu einer schrittweisen Umwandlung der Kathedrale. Im Februar 1537 nahmen die Berner den Schatz der Kathedrale mit. Sie füllten 18 Karren mit wertvollen liturgischen Objekten und mit grossen Wandbehängen, die heute im Bernischen Historischen Museum zu sehen sind. In der Vierung und im Chor entstand ein Raum für die Unterrichtung angehender Pfarrer in reformierter Theologie.
Heute steht die Kathedrale von Lausanne unter dem Schutz des Staates Waadt. Dieser übertrug der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Waadt deren spirituelle Leitung. Die Kathedrale steht allen offen.
Die Kanzel der Kirche St-François ist die einzige Kanzel eines Bettelordens in der Schweiz, die noch unversehrt am ursprünglichen Ort steht. Auf ihr predigte Pierre Viret im März 1536 erstmals den reformierten Glauben. Er wurde nicht etwa, wie oft behauptet wird, von den Bernern geschickt, sondern von Angehörigen des Lausanner Adels und Bürgertums berufen. Sie garantierten ihm, dass er in der Stadt eine Kirche nutzen könne.
Noch regierte ein Bischof die Stadt, umgeben von einer Vielzahl von Kanonikern, Priestern und Mönchen. Viret schreibt: «Ich war allein, als ich zum ersten Mal meine Füsse an diesen Ort stellte. Die Stadt gehorchte den Anweisungen aus Bern noch nicht… Welche Anstrengung braucht es, um diese Festung der Diana von Ephesus anzugreifen! … Ich machte mir nichts vor, wie unvermögend ich für diese Aufgabe bin. Doch ich baue auf den Beistand des Herrn, der mich auf diesen Kampfplatz gestellt hat.»
Das gotische Erkertürmchen stammt aus dem 16. Jahrhundert. Auf dem Lampenfuss steht der Anfang des 25. Psalms, einem der sieben Psalmen, die von Calvin übersetzt wurden: «Nach dir, Herr, verlanget mich.» Calvin liebte die Musik, doch sollte das Gotteslob mit Anstand gesungen werden. Für die Kirche akzeptierte er deshalb allein das Singen des Psalters: «Wir fanden keine besseren und reineren Lieder als die Psalmen Davids, welche ihm der Heilige Geist eingegeben hat.»
Der Gerechtigkeitsbrunnen aus den Jahren 1584-85 (Jacques Perroud) zeigt eine junge Frau mit verbundenen Augen, die Schwert und Waage trägt. Ihr zu Füssen unterworfen sind der Papst, der Kaiser, der türkische Sultan und ein Magistrat. Vor der Reformation war die Rechtssprechung durch den Bischof langsam, parteiisch und stets zu Gunsten des Klerus. Die bernischen Besatzer änderten dies umgehend und schufen ein unabhängiges Gericht.
Der Brunnen, welcher dem Waadtländer Reformator gewidmet ist, wurde 1921 aus Steinen des alten Pfarrhauses gebaut, in welchem Pierre Viret 15 Jahre seines Lebens zubrachte. Seine Eltern bestimmten ihn zum Priester und schickten ihn nach Paris ans Collège de Montaigu. Dort erhielt er nicht nur eine solide Bildung, sondern liess sich auch von der reformierten Lehre überzeugen. Zurück in seiner Heimatstadt Orbe, hörte er 1531 eine Predigt von Guillaume Farel. Ein paar Wochen später stieg er selber auf die Kanzel, um Farels Werk fortzuführen. Er blieb Prediger bis zu seinem Tod 40 Jahre später.
Dieses Fenster erinnert an die Disputation von Lausanne 1536. Nachdem sie das Waadtland im März 1536 erobert hatten, waren die Berner vollauf damit beschäftigt, den Staat zu organisieren. Kirchliche Angelegenheiten liessen sie auf sich beruhen. Sie bestimmten einzig, dass das Evangelium frei gepredigt werden soll. Doch gegen diese Freiheit regte sich in verschiedenen Städten Widerstand.
Deshalb ordneten die Berner eine öffentliche Versammlung an, an der diese Fragen öffentlich und frei diskutiert werden sollten. Bern hatte auch ein Interesse daran, den Anschluss der Waadt durch den Anschluss an die Reformation zu festigen. Die Disputation fand vom 1. bis 8. Oktober 1536 in der Kathedrale von Lausanne statt. Das Ziel war kein Für und Wider die Reformation – diese Frage war aus Sicht der Berner längst geklärt. Sie wollten vielmehr in aller Öffentlichkeit darlegen, dass die neue Lehre der alten intellektuell und theologisch überlegen sei.
Drei Wochen nach dem Reformationsedikt gründen die Berner eine Schule zur Pfarrerausbildung. Pierre Viret unterrichtete Theologie, unterstützt von zwei anderen Theologen. Ab 1545 bestimmte eine Börse darüber, ob jemand nach Studienabschluss Pfarrer oder theologischer Lehrer werden sollte. Unter der Führung des Pädagogen Maturin Cordier war die Schule überaus erfolgreich. Schon 1558 schrieb Théodore de Bèze, der damals griechisch unterrichtete, von 700 Schülern. 1587 wurde deshalb ein Neubau bezogen. Es war die erste theologische Fakultät in französischer Sprache.
Mitten in der Altstadt liegt die Kirche St-Laurent. Den grossen Stadtbrand von 1235 hatte sie zwar überlebt, doch während der Besetzung durch die Berner zerfiel sie nach und nach. Die heutige Kirche stammt von 1719, 1762 wurde die verzierte Barockfassade mit ihrer Uhr angebaut. Das Gebäude diente nicht nur zum Gottesdienst, sondern auch zu Versammlungen – etwa denjenigen der anti-bernischen Kräfte nach der waadtländischen Revolution von 1798.
Die 1900 in weissem Marmor errichtete Statue zeigt den berühmten Theologen und Philosophen Alexandre Vinet in nachdenklicher Stellung und mit einem Buch in der Rechten. Er wurde 1797 in Lausanne geboren und starb 1847 in Clarens. Er war ein Verfechter der Religionsfreiheit, der absoluten Trennung von Kirche und Staat und ein Vordenker jener Laien und Pastoren, die 1847 eine unabhängige Kirche gründeten. Eines seiner Worte lautet: «Das Christentum ist der unsterbliche Same der Freiheit auf der Welt.»
In Vidy hatten schon die Römer eine Siedlung mit einem Hafen errichtet. Im 3. Jahrhundert gab es auch auf dem heutigen Hügel der Kathedrale eine Ansiedlung. Dort wurde im 6. Jahrhundert eine erste Kirche errichtet. Bald zog Bischof Marius von Aventicum (Avenches) nach Lausanne und begründete so das Bistum Lausanne. Im 12. und 13. Jahrhundert blühte die Kleinstadt auf, 1275 wurde die gotische Kathedrale geweiht. 1525 schloss Lausanne mit Bern und Freiburg Burgrechtsverträge. 1536 unterwarf sich Bern die Waadt und damit auch Lausanne.
Zugleich musste das neue Untertanengebiet den reformierten Glauben annehmen, was die Stadt gerne tat, die Landschaft indes weniger. In der Folge übte die Hauptstadt der Waadt grossen Einfluss in den französischsprachigen Gebieten aus. Die erste protestantische theologische Schule wurde gegründet, aus der viele Denker, Theologen und Pastoren hervorgingen, die das reformierte Gedankengut in den französischsprachigen Kirchgemeinden verbreiteten. Die reformierte Besatzungsmacht Bern gab der Waadtländer Kirche eine Struktur, während Calvin, Viret und andere den neuen Glauben lehrten.
Um 1820 spaltete sich ein Teil der Kirche, der sich als Erneuerungsbewegung verstand, von der alten Reformierten Kirche ab. 1966 fanden die beiden Teile wieder zusammen. Heute wird der Glaube von weniger Menschen gelebt, die Kirche denkt über ihren Auftrag nach. Nicht mehr der ererbte Glaube, sondern der gelebte bestimmt das spirituelle Leben. In diesem neuen Sinne lebt die Reformation weiter.
Der 1511 in Orbe geborene Pierre Viret studierte gleichzeitig mit Jean Calvin am Collège de Montaigu in Paris, musste aber wegen seiner reformatorischen Gesinnung 1531 die Stadt verlassen. Er predigte das Evangelium in Orbe, ab 1534 unterstützte er Guillaume Farel in Genf. 1536 zog er weiter nach Lausanne, das kurz davor unter bernische Herrschaft gekommen war. Er nahm im Oktober an jener Disputation teil, bei der die Reformation angenommen wurde. 1538, nach der Ausweisung Calvins aus Genf, wirkte er ein zweites Mal in der Rhonestadt, kehrte nach der Rückkehr Calvins 1542 aber wieder nach Lausanne zurück.
Als Prediger und Leiter der Akademie hatte Viret grossen Einfluss auf die Reformation in der Schweiz. Seine zahlreichen Schriften beschäftigen sich zu einem grossen Teil mit ethischen Fragen. Es waren denn auch Fragen der Kirchenzucht, welche ihn 1559 von Bern entzweiten und ihn abermals zwangen, nach Genf zu gehen.
Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit siedelte er 1562 ins warme Südfrankreich über, wo er die Hugenotten massgeblich beim Aufbau ihrer Kirche unterstützte. Ab 1566 lehrte er an der Akademie von Orthez in Südwestfrankreich im Auftrag von Gräfin Jeanne d’Albret von Navarra. Er starb 1571 auf dem Weg zur Synode von La Rochelle.
1519 geboren, wuchs Théodore de Bèze in einer Adelsfamilie in Vézelay im Burgund auf. Er studierte Recht in Orléan, bevor er 1548 nach Genf und bald nach Lausanne zog. Dort unterrichtete er während zehn Jahren Griechisch an der Akademie.
Ab 1558 war de Bèze Pfarrer sowie Professor der Theologie in Genf. Als Vertrauter von Jean Calvin wurde er mehrfach nach Deutschland zu protestantischen Fürsten gesandt, wo er um Unterstützung für die verfolgten Protestanden in Italien und Frankreich bat. Sein diplomatisches und rhetorisches Geschick führte ihn immer wieder an Religionsgespräche und Synoden in Frankreich.
Nach dem Tod Calvins 1564 galt de Bèze als führender Theologe des reformierten Glaubens. Er war dessen Nachfolger als Vorsitzender des Konsistoriums (Kirchenleitung); dieses Amt legte er 1580 nieder. 1598 legte er auch sein Lehramt und 1600 sein Predigtamt nieder. Er starb 1605 in Genf.
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Die Stiftskirche wurde ab 1185 mit einem romanischen Chor und einem gotischen Längsschiff erbaut und 1276 geweiht. Die Stiftsherren waren für den Gottesdienst verantwortlich. 1372 liess Graf Ludwig von Neuenburg in der Kirche ein Familiengrabmal erstellen. Eine Tafel gegenüber dem Grabmal erinnert an die Entfernung der Heiligenbilder am 23. Oktober 1530, als ob es sich dabei um eine Bürgerbewegung gehandelt hätte. In Wahrheit verwüsteten aber beschwipste Soldaten bei ihrer Rückkehr aus einem Hilfsfeldzug in Genf die Schätze der Kirche.
Ebenfalls im Inneren der Stiftskirche befindet sich das Grab des heiligen Wilhelm († 1231), eines der Stiftsherren, der als Stadtheiliger galt. Man schwor Eide auf seine Reliquien und trug sie bei Prozessionen mit, wenn Hunger, Pest und anderes Unheil drohte. Man traute Wilhelm zu, bei der Taufe totgeborene Kinder zum Leben zu erwecken und Kranke zu heilen. 1430 stiftete Johannes von Freiburg, Graf von Neuenburg eine ständige Messe zur Erinnerung an den Heiligen. Nach der Reformation wurden seine Reliquien nach Burgund in Sicherheit gebracht, sind seitdem aber verschollen.
Die weissen Platten auf dem Vorplatz bezeichnen den Grundriss einer dem heiligen Wilhelm gewidmeten Kapelle, die 1871 abgerissen wurde. Auf dem Platz steht zudem eine Statue aus dem Jahr 1875, die Guillaume Farel mit erhobener Bibel darstellt. Sein linker Fuss ruht auf dem mit einem Heiligenschein gekrönten Kopf einer liegenden Person; Farel zertritt sinnbildlich die Bilderverehrung.
Das Haus Nr. 10 war das Wohnhaus der zwölf Stiftsherren. Sie nahmen nicht nur in der Kirche, sondern auch im politischen Leben eine bevorzugte Stellung ein. Ihr Lebenswandel scheint aber nicht sehr fromm gewesen zu sein; trotzdem waren sie gegen die Bevölkerung äusserst streng. Durch Zuwendungen war das Stift bald reich geworden. Später war dieses Haus das Pfarrhaus, in dem Guillaume Farel wohnte.
In den Häusern Nr. 6 und 8 wurde nach der Reformation um 1600 eine Schule eingerichtet, in welcher bis 1835 Unterricht gehalten wurde. Bildung war den Reformatoren ein zentrales Anliegen, denn jedes Kind sollte die Bibel lesen können. Das Haus Nr. 4 ist bekannt als altes Pfarrhaus. Vor der Reformation war es ebenfalls im Besitz der Stiftsherren. Gegenüber, im Haus Nr. 3, befand sich im 19. Jahrhundert die theologische Fakultät der Freien Kirche. Heute beherbergt das Gebäude Räumlichkeiten der Kirchgemeinde.
Als die Fontaine du Griffon 1664 errichtet wurde, nannte man sie «Fontaine de Saint-Guillaume», obschon die gleichnamige Quelle weiter oben entspringt. 1668 liess der neue Graf von Neuenburg, Fürst Charles-Paris d’Orléans seine Ankunft feiern, indem er aus dem Brunnen Wein fliessen liess – und zwar roten und weissen!
Das Haus Rue du Château 12 gegenüber ist das Propsthaus, auch Alte Kanzlei genannt. Es war in einem schlechten Zustand, als Farel während zwölf Jahren darin wohnte und schliesslich 1565 dort starb. Farel war 1538 auf Betreiben der Bürger nach Neuenburg zurückgekehrt und blieb dort bis zu seinem Tod. Bern ermunterte die Stadtregierung, Gesetze zu erlassen, «um Laster wie Gotteslästerung, Trunksucht, Spiel, Tanz, Anstössigkeit und dergleichen zu züchtigen, zu bessern und zu bestrafen». Der Stadtrat erliess in der Folge das erste Kirchengesetz, das auch den Gottesdienstbesuch vorschrieb.
Der Brunnen, deutsch Vennerbrunnen, ist der älteste Brunnen der Stadt und diente Kühen und Ziegen als Tränke. 1581 erhielt er sein heutiges Aussehen mit der Vennerfigur des Bildhauers Laurent Perroud. Auch die Fontaine du Banneret hat Anteil an der Reformation: Die Stiftsherren versuchten einst, Guillaume Farel darin ein kühles Bad zu bereiten.
Links davon steht die Tour de Diesse mit seinem grossen Zifferblatt. Er erhob sich einst über dem östlichen Stadttor, der Maleporte („schlechtes Tor“). Die Legende sagt, das Tor verdanke seinen Namen keinem Geringeren als Julius Cäsar, der an der niedrigen Wölbung seinen Kopf angeschlagen habe. In Wirklichkeit dürfte das steil abschüssige Tor vor allem den Pferden Schwierigkeiten bereitet haben. Seine rosa Farbe nahm der Turm beim Stadtbrand von 1714 an, dessen Hitze den Kalk der Mauern verfärbte und das Gebälk verbrannte.
Ende des 17. Jahrhunderts flohen viele Hugenotten (französische Protestanten) vor der Verfolgung nach Neuenburg und liessen sich hier nieder. Für die Gottesdienste wurde die Spitalkapelle zu klein. Der 1696 abgeschlossene neue Bau war in erster Linie dem Einsatz von Pastor Jean-Frédéric Ostervald (1663 – 1747) zu verdanken, auch der zweite Reformator von Neuenburg genannt. In der Folge wurde die Kirche mehrmals umgebaut. 1871 waren darin 15 Soldaten der französischen Bourbaki-Armee untergebracht. Heute dient der Temple du Bas als Konzert- und Festsaal.
Jean-Frédéric Ostervald fühlte sich durch die Karren gestört, die während des Gottesdienstes vor der Türe vorbeiratterten. Deshalb wurde die Gasse zu den Predigtzeiten mit in den Boden eingelassenen Pfosten (poteaux) abgesperrt, welche der Gasse ihren Namen gaben.
An der Ecke rue Saint-Honoré / rue du Bassin befand sich möglicherweise die berühmte Druckerei von Pierre de Vingle. Er druckte Bücher und Flugblätter mit reformatorischem Inhalt, in denen über den Missbrauch der Messe und den unwürdigen Lebenswandel der Priester hergezogen wurde. Viele Flugblätter wurden 1534 nach Frankreich geschmuggelt und bis an die Schlafzimmertüre des Königs von Frankreich aufgehängt. Man glaubte sämtliche Flugblätter verloren, bis Exemplare 1943 in einem Bucheinband der Stadtbibliothek Bern wiederentdeckt wurden.
Pierre de Vingle war 1525 aus Lyon vertrieben worden, weil er das Neue Testament in französischer Sprache gedruckt und vertrieben hatte. Er liess sich darauf in Neuenburg nieder. 1535 druckte er die berühmte Olivétan-Bibel. Die Übersetzung von Pierre-Robert Olivétan gilt als Meisterwerk und diente über Jahrhunderte hinweg als Grundlage für weitere Bibelübersetzungen ins Französische. Sie ist auch die Bibel der Hugenotten und der italienischen Protestanten, der Waldenser.
Zum Spital gehörte auch eine Kapelle. Weil der Weg zur Stiftskirche für Alte und schwangere Frauen besonders im Winter beschwerlich war, wurde 1425 angeordnet, dass auch in der Unterstadt, in der Spitalkapelle, eine Messe zu halten sei. Die Stiftsherren befürchteten, dadurch an Einfluss und Einkommen zu verlieren und setzten durch, dass auf eine Glocke zu verzichten sei. In der Kapelle predigte Guillaume Farel, als ihm in Neuenburg die Kanzel der Stiftskirche verweigert wurde. 1779 wurde das Spital von David de Pury neu aufgebaut. Seit 1914 sind hier die Stadtwerke untergebracht.
Das herrschaftliche Gebäude, umgeben von weitläufigen Gärten, die bis an das Seeufer reichten, wurde 1764 bis 1771 vom Berner Architekten Erasmus Ritter für Pierre-Alexandre DuPeyrou (1729 - 1794) erbaut. DuPeyrou war Besitzer von Plantagen in Übersee und ein enger Freund von Jean-Jacques Rousseau. Er war ein aufgeklärter Freidenker, Deist und Freimaurer. Die Auffassungen der Aufklärung sollten später einen Einfluss auf die Abspaltung der Freikirche (Eglise indépendante de Neuchâtel) im Jahre 1873 haben.
Erstmals erwähnt wurde Neuenburg, als der Burgunderkönig Rudolf III. 1011 seiner Gattin Irmengard die Residenz Neuenburg samt Leibeigenen, Dienern und all dem Dazugehörigen vermachte. Ab 1185 liess Graf Ulrich II. die Stiftskirche erbauen, die 1276 geweiht wurde, und gründete ein Stiftskapitel, um die geistliche Betreuung de Stadt sicherzustellen. 1529 schickte Bern, dessen Einfluss in Neuenburg stark war, den Franzosen Guillaume Farel, um die Stadt zu reformieren. Der aus Gap stammende eifrige Reformator hatte sich schon in der bernischen Herrschaft Aigle bewährt, die 1528 zum ersten reformierten Gebiet im Welschland geworden war. Farel hatte 1528 der Berner Disputation beigewohnt und die Thesen ins Französische übersetzt.
Trotz seines Empfehlungsschreibens aus Bern liess man Farel in Neuenburg in der Stiftskirche nicht predigen. Er liess sich nicht entmutigen und predigte auf der Strasse oder in Privaträumen. Im November 1530 sprach sich bei einer Abstimmung die Mehrheit der Bürger für die Abschaffung der Messe aus. Erst nahm die Stadt die Reformation an, dann die Landschaft – und zwar gegen den Willen der Landesherren, die noch fast 200 Jahre lang katholisch blieben.
Guillaume Farel war ein unermüdlicher Reisender durch mehrere Länder Europas, um der Reformation zum Durchbruch zu verhelfen. Er war es auch, der Jean Calvin nach Genf berufen hatte, um die Reformation zu stärken und zu lenken. Seine letzte Reise führte ihn nach Metz, wovon er erschöpft zurückkam. Er starb wenig später am 13. September 1565.
1489 im südostfranzösischen Gap geboren, studierte Guillaume Farel ab 1509 an der Sorbonne in Paris. Dort begegneten ihm erstmals die Lehren von Martin Luther, die ihn schnell in den Bann zogen. 1521 ging er nach Meaux, wurde dort wegen seiner Ansichten aber schon 1523 wieder vertrieben. Er ging nach Strassburg, Zürich, Bern und Basel. Danach reformierte er Mömpelgard (Montbéliard) und wenig später die bernische Herrschaft Aigle. Bern, das 1528 den reformierten Glauben angenommen hatte, sandte den streitbaren und unerschrockenen Reformator nach Neuenburg, wo er Ende 1529 eintraf.
Vorerst erhielt Farel keine Predigterlaubnis, erst auf Druck aus Bern erlaubte man ihm, auf den Strassen zu predigen. Später durfte er die Spitalkapelle nutzen. Seine Predigten gegen die Heiligen- und Bilderverehrung mündeten Ende Oktober 1530 in einen Bildersturm. Wenig später nahmen die Bürger von Neuenburg die Reformation in einer Abstimmung (dem „Mehr“) an. 1532 nahm Farel an der Waldensersynode in Chanforan teil, wo er den Auftrag übernahm, für eine französische Bibelübersetzung zu sorgen. Diese Bibel wurde durch Olivétan übersetzt und in Neuenburg gedruckt.
Wohl gleich auf dem Heimweg kam Farel in Genf vorbei, versammelte die Evangelischen um sich, sprach zu ihnen, aber es gelang dem bischöflichen Rat, ihn aus der Stadt verjagen zu lassen. Doch mit Unterstützung aus Bern kam er ein Jahr später zurück, entging mehreren Anschlägen und erreichte, dass Genf im August 1535 die Reformation annahm, die allerdings noch auf wackligen Beinen stand. Im Juli 1536 traf Jean Calvin auf der Flucht in Genf ein, und Farel überredete ihn zum Bleiben. 1538 kehrte Farel nach Neuenburg zurück, wo er – mit Unterbrechungen durch Missionsreisen – bis zu seinem Tod 1565 lebte.
Fabri war eigentlich Mediziner, Guillaume Farel berief ihn aber ins geistliche Amt nach Neuenburg. Er wurde etwa 1509 in Vienne geboren, ab 1530 predigte er in verschiedenen Städten und Dörfern in der Umgebung von Neuenburg. 1536 – 1546 wirkte er in Thonon, damals unter bernischer Herrschaft, danach kehrte er nach Neuenburg zurück, wo er bis 1562 blieb. Er kehrte in seine Geburtsstadt zurück, wo er eine Zeitlang gefangen gehalten wurde. Nach Farels Tod 1565 wurde er dessen Nachfolger. Er starb 1588 in Neuenburg.
Ursprünglich Klosterkirche der Benediktinerabtei Allerheiligen. Der Nachfolgebau der ersten Kirche von 1049 wurde 1103/04 geweiht. Der bedeutende romanische Kirchenbau der Hirsauer Schule wurde unter dem letzten Abt Michael Eggenstorfer 1524 in eine Propstei umgewandelt. Nach dem Reformationsbeschluss 1529 wurden Altäre, Bilder und weitere Kultgegenstände entfernt, darunter der weitherum bekannte «Grosse Gott von Schaffhausen», ein monumentales Holzkruzifix. Seither Gottesdienstraum der reformierten Kirche.
An der Stelle, an der im 10. oder 11. Jahrhundert die erste Kirche Schaffhausens gebaut wurde, entstand im 14. Jahrhundert die gotische Stadtpfarrkirche. Kurz vor der Reformation wurde sie um zwei Seitenschiffe erweitert. An ihr wirkten die Reformatoren Sebastian Hofmeister und Johann Konrad Ulmer. Die Hauptpfarrer von St. Johann, Münster und Spital leiteten die Kirche. Der St. Johann-Pfarrer war Vorsteher (Antistes) der Schaffhauser Kirche, Dekan des Pfarrkollegiums und Präsident der Synode. Die Kirche diente auch als Versammlungsraum für politische Anlässe.
Der Schaffhauser Reformator Sebastian Hofmeister wurde um 1494 als Sohn eines Wagners im Haus zu den Drei Bergen in der Unterstadt 44 geboren. Hofmeister trat früh in den Franziskanerorden ein und wurde zu Studien nach Frankfurt am Main und Paris gesandt. Ab 1520 war er Lesemeister in den Franziskanerklöstern von Zürich [11], Konstanz und Luzern. Dort wurde er der Ketzerei angeklagt. 1522 kam Hofmeister nach Schaffhausen zurück und begann mit der Erneuerung der Kirche. Drei Jahre später wurde er aus der Stadt verbannt, weil er vom Rat in Zusammenhang mit den Rebleute-Unruhen gebracht wurde und Verbindungen zu den Täufern gehabt haben soll. Er durfte auch nach der Einführung der Reformation 1529 nicht mehr nach Schaffhausen zurückkehren und starb 1533 in Zofingen.
Als die Reformierten in Frankreich mit der Aufhebung des Toleranzediktes von Nantes 1685 stark verfolgt wurden, war Schaffhausen über zehn Jahre lang ein wichtiger Durchgangsort auf ihrer Reise in das Deutsche Reich. Im Jahr 1687 nahm die Stadt mit damals rund 5000 Einwohnern vorübergehend gar 9000 Glaubensflüchtlinge auf. Daran erinnert ein Gipsmedaillon, das einen flüchtenden Hugenotten oder Waldenser unter der schützenden Hand Gottes zeigt. Es befindet sich an einer Zimmerdecke im «Grossen Haus» am Fronwagplatz. Eine Kopie ist beim Eingang des Stadtarchivs an der Krummgasse öffentlich zugänglich.
Zum Jubiläum «500 Jahre Reformation» präsentiert das Museum zu Allerheiligen einen thematischen Rundgang durch die kulturhistorische Sammlung, auf dem die Besuchenden Hintergründe und Auswirkungen der Reformation entdecken können. Der Stationenpfad ist aus der Sicht Hans Stockars (1490-1556) angelegt, eines Schaffhauser Ratsherrn und Kaufmanns für Wein, Pferde und Salz. Er verfasste einen Bericht über seine Wallfahrt nach Jerusalem von 1519 und eine Chronik zur Geschichte Schaffhausens von 1520 bis zur Einführung der Reformation 1529. Museumseigene Objekte und ausgewählte Leihgaben – darunter die älteste Kopie von Hans Stockars Chronik – illustrieren eindrücklich diese unruhige Zeit des Umbruchs und Wertewandels.
In der Stadtbibliothek befinden sich die beiden Druckschriften des ersten Schaffhauser Reformators Sebastian Hofmeister: «Ein treüwe ermanung an die Eidgnossen» und «Antwort uff die ableinung [Widerlegung] doctor Eckens». Im Bestand des kirchlichen Ministeriums sticht zudem der umfangreiche Nachlass des zweiten Reformators Johann Konrad Ulmer (1519-1600) heraus, darunter sein Katechismus, sein Gesangbuch, seine Gottesdienstordnung, mehrere theologische Werke und seelsorgerliche Schriften für ein breiteres Publikum sowie eine Sammlung von Briefen und Akten in sieben Bänden, die zurzeit digitalisiert und erschlossen werden. Die Ausstellung in der Stadtbibliothek zeigt eine Auswahl der Schaffhauser Bestände, darunter auch die berühmte sechssprachige Plantin-Bibel, die der Rat der Stadt Schaffhausen auf Anraten Ulmers 1578 erwarb.
Bauernunruhen gab es damals vielerorts. Als die Schaffhauser Rebleute wegen einer witterungsbedingten schlechten Ernte 1525 ihre Abgaben nicht mehr leisten konnten, kam es zu Unruhen. Unterstützt wurden sie von den Fischern. Die Aufständischen forderten nicht nur bessere Pachtverträge, höhere Löhne und die Abschaffung der Zinsen, sondern auch den Übertritt zum neuen Glauben. Am 9. August 1525 begann der Rat, die Unruhen gewaltsam niederzuschlagen. Anwesende Basler und Rottweiler vermittelten. Die Rebleute legten die Waffen nieder.
Nachdem die Täufer mit ihren Forderungen, darunter der Erwachsenentaufe anstelle der Kindertaufe, aus Zürich [11] vertrieben worden waren, kamen einige von ihnen in den Klettgau. Fast ganz Hallau soll täuferisch geworden sein. Die Löhninger Landsgemeinde forderte soziale Reformen. Sebastian Hofmeister schien anfänglich mit den Täufern sympathisiert zu haben und distanzierte sich dann aber von ihnen. Der Rat bekämpfte das Täufertum mit aller Schärfe. Hofmeister wurde aus der Stadt verbannt. Ein Merishauser Pfarrer, der zu den Täufern hielt, wurde abgesetzt. In Schleitheim hielten sich die Täufer trotz eindringlichen Mahnungen und strenger Strafen noch über 150 Jahre lang. Sie wurden zur Auswanderung gezwungen und zogen nach Mähren, später nach Böhmen und in die Pfalz.
1045 wird Schaffhausen erstmals urkundlich erwähnt. König Heinrich III. verlieh Graf Eberhard von Nellenburg das Münzrecht für den Ort «Scafhusun» und damit eine der grundlegenden Privilegien mittelalterlicher Städte. 1080 schenkte Eberhards Sohn, Graf Burkhard von Nellenburg, die Stadt Schaffhausen mit allen zugehörigen Rechten dem 1049 gegründeten Benediktinerkloster Allerheiligen. Der Abt wurde zum Stadtherrn, übertrug jedoch die Ausübung der Herrschaft dem Schutzvogt. 1272 wird erstmals ein städtischer Rat erwähnt. Die politische Führung war im 13. Jahrhundert vom Kloster auf den Adel und die reichen Kaufleute übergegangen. 1372 zerstörte ein Grossbrand offenbar weite Teile der Stadt. 1501 wurde Schaffhausen als 12. Ort in den Bund der Eidgenossen aufgenommen.
1529 beschloss der Schaffhauser Rat die Einführung der Reformation und übernahm umfangreiche Güter aus klösterlichem Besitz mit Rechten und Pflichten. Die Messe wurde abgeschafft und an ihre Stelle der Predigtgottesdienst gestellt. In den folgenden Jahren wurde das ganze kirchliche Leben erneuert.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war die Kirche in Schaffhausen reformbedürftig. Durch die Bekanntschaft mit Schriften Martin Luthers und durch die evangelische Predigt des Franziskaners Sebastian Hofmeister, der wegen des Vorwurfes der Ketzerei aus Luzern vertrieben worden war, kamen die Hauptgedanken der Reformation nach Schaffhausen und stiessen auf reges Echo in der Bevölkerung. Hofmeister setzte Gottesdienstreformen und eine neue Almosenordnung durch und sorgte dafür, dass «allerlei Zeremonien und Zünselwerk» verschwanden. Im Frühjahr 1523 schrieb er an Zwingli: «Bei uns wird Christus mit höchstem Begehren angenommen, Gott sei Dank.» Durch die aus Zürich [11] vertriebenen Täufer und durch den Protest der Rebleute und Fischer kam es zu sozialen Unruhen. Sebastian Hofmeister wurde der Sympathien für die Täufer und die aufmüpfigen Rebleute verdächtigt und aus der Stadt verbannt. Die Haltung des Rates der Reformation gegenüber war über mehrere Jahre schwankend. Der Kleine Rat führte auch in religiösen Angelegenheiten eine konservative Politik. Der Grosse Rat war eher proreformatorisch eingestellt, hatte aber weniger Macht als der Kleine. Am 29. September 1529, dem Michaelistag, wurde die Reformation durch Ratsbeschluss eingeführt. Politische Gründe waren massgebend; durch den Beitritt Berns [2] und Basels zur Reformation hatten sich die kirchlichen und politischen Machtverhältnisse verändert. Es war ein Reformationsbeschluss ohne Reformator. Ein profilierter Theologe fehlte. Man schaffte die Messe ab und entfernte die Altäre und Bilder, darunter auch den «Grossen Gott von Schaffhausen», ein monumentales Holzkruzifix im Münster. Anschliessend verabschiedete der Rat eine Reformationsordnung. Das ganze kirchliche Leben wurde erneuert. Dies brauchte aber seine Zeit. Das kompetente und umsichtige Wirken des «zweiten» Reformators Johann Konrad Ulmer von 1566 bis zu seinem Tod 1600 brachte der Kirche Profil und Stabilität.
Der Schaffhauser Reformator Sebastian Hofmeister wurde um 1494 in Schaffhausen als Sohn eines Wagners im Haus zu den Drei Bergen in der Unterstadt 44 geboren. Hofmeister trat früh in den Franziskanerorden ein und wurde zu Studien nach Frankfurt am Main und Paris gesandt. Ab 1520 war er Lesemeister in den Franziskanerklöstern von Zürich [11], Konstanz und Luzern. Dort wurde er der Ketzerei angeklagt. 1522 kam Hofmeister nach Schaffhausen zurück und begann mit der Erneuerung der Kirche. Drei Jahre später wurde er aus der Stadt verbannt, weil er vom Rat in Zusammenhang mit den Rebleute-Unruhen gebracht wurde und Verbindungen zu den Täufern gehabt haben soll. Er durfte auch nach der Einführung der Reformation 1529 nicht mehr nach Schaffhausen zurückkehren und starb 1533 in Zofingen.
Johann Konrad Ulmer, geboren 1519 in Schaffhausen, studierte bei Calvin in Strassburg und bei Luther und Melanchthon in Wittenberg, wo er den Magister-Titel erwarb. Anschliessend wirkte er 23 Jahre lang in Lohr am Main als Reformator der kleinen Grafschaft Rieneck. 1566 wurde er als Pfarrer an das Schaffhauser Münster berufen. Schon 1569 stieg er zum Dekan und Antistes der Schaffhauser Kirche auf. In dieser Stellung leistete er bis zu seinem Tod im Jahr 1600 entscheidende Beiträge zur Erneuerung des Kirchen- und Schulwesens seiner Heimatstadt und pflegte enge Verbindungen mit den reformierten Schwesterkirchen im In- und Ausland. Ulmer war einer der gelehrtesten Schweizer Theologen seiner Zeit und gilt zu Recht als zweiter Reformator Schaffhausens.
1529 beschloss der Schaffhauser Rat die Einführung der Reformation. Die Messe wurde abgeschafft, an ihre Stelle der Predigtgottesdienst gestellt, eine neue Kirchenordnung verabschiedet und das kirchliche Leben erneuert.
1501 Beitritt Schaffhausens zur Eidgenossenschaft.
1519 Amtsantritt Zwinglis am Grossmünster, Zürich [11]. Beginn mit der reformatorischen Predigt mit der Auslegung des Matthäusevangeliums.
Um 1520 Schriften Luthers in Schaffhausen bekannt. Lesekreis unter der Leitung des Stadtarztes Johannes Adelphi.
1520 Der letzte Abt des Benediktinerklosters von Allerheiligen Michael Eggenstorfer schickt Mönche nach Wittenberg. Briefwechsel. Verbindungen zu Zwingli.
1522 Sebastian Hofmeister in Schaffhausen. Evangelische Predigt. Gottesdienstreformen. Die Reformation findet zunehmend Anhänger.
1523 Erste Disputation in Zürich [11]. Ratsbeschluss: Zwingli soll mit der Predigt des Evangeliums fortfahren.
1523 Hofmeisters Schrift «Eine treue Ermahnung an die Eidgenossen» in Basel gedruckt.
1524 Teile der Schaffhauser Bevölkerung verstehen sich evangelisch. Es verschwinden «allerlei Zeremonien und Zünselwerk». Zögerliche Haltung des Rates.
1524 Das Benediktinerkloster Allerheiligen wird aufgehoben und in eine Propstei umgewandelt.
1525 Aus Zürich [11] vertriebene Täufer kommen in die Schaffhauser Landschaft.
1525 Protest der Rebleute und Fischer in Schaffhausen.
1525 Hofmeister und sein Kollege Sebastian Meyer werden aus Schaffhausen verbannt.
1526 Disputation zu Baden. Mit Hilfe des berühmten Theologen Johannes Eck soll Zwingli widerlegt werden. Schaffhausen wird durch den Schulmeister Heinrich Linggi und Magister Ludwig Oechsli vertreten. Auch Hofmeister nimmt am Streitgespräch teil und verfasst eine Entgegnung zu Ecks Thesen.
24.2.1527 Schleitheimer Bekenntnis der Täufer, verfasst von Michael Sattler: «Brüderliche Vereinigung etlicher Kinder Gottes, sieben Artikel betreffend».
13.11.1527 Erstes Todesurteil gegen einen Täufer in Schaffhausen: Hans Rüegger (enthauptet)
1528 Reformationsbeschluss in Bern [2].
1528 Der Kleine Rat von Schaffhausen lehnt in zwei Abstimmungen die Einführung der Reformation ab.
Jan. 1529 Zürich [11] will wissen, wie Schaffhausen zur Reformation steht. Ausweichende Haltung. «Uns ist verdächtig, was nach Zürich [11] riecht».
14.4.1529 zweites Todesurteil gegen einen Täufer: Jakob Schuffel ab dem Schufelberg
1529 Erste Schlacht bei Kappel, Schaffhausen nimmt eine Vermittlerrolle ein. Keine Entscheidung, «Kappeler Milchsuppe».
1529 Reformationsbeschlüsse in St. Gallen [9] und Basel [1].
29. September 1529 (Michaelistag) Reformationsbeschluss in Schaffhausen. Beitritt zum «Christlichen Burgrecht».
1529 Abschaffung der Messe, Entfernung der Altäre, Bilder und des «Grossen Gottes» (weit herum bekanntes Kruzifix in der Kirche von Allerheiligen).
1529 «Schaffhauser Reformationsordnung» beschlossen.
1531 Zweite Schlacht bei Kappel. Niederlage der Reformierten, Tod Zwinglis.
1532 Erstes Synodalmemorial.
1536 Die streitenden Pfarrer Burgauer (St. Johann, vertrat dezidiert lutherische Lehrmeinungen) und Ritter (Münster) werden vom Rat in Pension geschickt. Neubesetzung der Pfarrstellen.
1549 Beitritt der Schaffhauser Kirche zum Konsens von Zürich [11] (Einigung zwischen Zürich [11] [Heinrich Bullinger] und Genf [4] [Johannes Calvin] in der Abendmahlsfrage).
1560 Täuferhütten in der Chälle bei Schleitheim auf Befehl des Rates geschleift.
1566 Beitritt der Schaffhauser Kirche zum Zweiten Helvetischen Bekenntnis.
1566-1600 Johann Konrad Ulmer als zweiter Reformator nach Schaffhausen berufen.
1680 Letzte Täuferin verlässt Schleitheim.
Die Stadt St. Gallen ehrte Joachim von Watt, genannt Vadian, 1904 mit diesem Denkmal. Damit stand St. Gallen nicht allein. Um 1900 hatten Denkmäler Hochkonjunktur. Mit zahlreichen Statuen sollte das Gedenken an hervorragende Personen gepflegt werden. Mit dem Bau des Denkmals wurde der Solothurner Bildhauer Richard Kissling betraut, der bereits in Zürich die Alfred Escher-Statue geschaffen hatte. Die Einweihungsfeier wurde publikumswirksam während des in St. Gallen stattfindenden Eidgenössischen Schützenfests abgehalten. Es waren viele Gäste geladen – jedoch nur reformierte.
Im Haus «Zum Goldapfel» kam Vadian 1484 zur Welt, nach seiner Rückkehr aus Wien wohnte er zunächst wieder dort, 1522 zog er mit seiner Frau Martha und der gemeinsamen Tochter ins benachbarte Haus «Zum Tiefen Keller». Während letzteres noch weitgehend im Originalzustand vorhanden ist, wurde Vadians Geburtshaus im 18. Jahrhundert abgebrochen. Das Quartier mit dem Namen Hinterlauben war damals eine begehrte, noble Wohnlage. Die überaus vermögende Familie von Watt konnte sich mehrere Häuser an bester Lage leisten.
Aus der Zeit, als Vadian hier wohnte, sind zahlreiche Nachbarschaftsstreitigkeiten überliefert. 1544 zum Beispiel klagte Vadian vor Gericht gegen seinen Nachbarn. Dieser hatte laut Vadian Teile einer Wand gegen sein Haus hin abgebrochen. Damit sei die Wand jetzt so dünn, dass der Nachbar alles mithören könne. Der Nachbar verteidigte sich, er habe nur eine kaputte Wand abgebrochen und wolle jetzt eine Täferwand anbringen. Vadian genügte dies nicht, und das Gericht teilte seine Bedenken. Der Nachbar musste eine Wand aus dicken Ziegelsteinen bauen, um der Hellhörigkeit ein Ende zu bereiten.
An einer Mauer des Stadthauses, das von der Blüte der Textilindustrie in St. Gallen zeugt, hängt ein Relief des Freundes von Vadian, Johannes Kessler, einer Schlüsselperson der St. Galler Reformation. Er hatte ein gutes Gespür für die Menschen und konnte die Bibeltexte für die breite Bevölkerung verständlich auslegen.
Bis zur Reformation standen an der Stelle des Stadthauses die zum Kloster gehörende Johanneskapelle sowie eine Schwesternklause. 1589 liess der Kaufmann Hans Schlumpf an deren Stelle im Renaissance-Stil das Stadthaus errichten, das wegen seiner Dimensionen «das grosse Haus» oder das «hohe Haus» genannt wurde. Der dritte Name, «das halbe Haus», weist auf den ungewöhnlichen Grundriss hin. Heute ist es Sitz der Ortsbürgergemeinde, die das alte Stadtarchiv sowie die Vadianische Sammlung mit dessen Bibliothek und Handschriften besitzt und pflegt.
Diese Kirche war der wichtigste Schauplatz der Reformation in St. Gallen. An Ostern 1527 wurde in der Kirche St. Laurenzen erstmals das Abendmahl durch die Gemeinde gefeiert. Seit 1525 hielt Johannes Kessler, der Freund und Gesinnungsgenosse Vadians, in der Kirche seine beliebten «Lesinen» ab. Dabei las und diskutierte er als theologisch geschulter Laie – und nicht als geweihter Pfarrer – gemeinsam mit der Bevölkerung die Bibel. Mit seiner klaren Sprache vermochte er die Stadtbevölkerung von der Reformation zu überzeugen.
Zugleich aber war St. Laurenzen Versammlungsort der Stadtgemeinde und der Ort von Bürgermeisterwahlen. Ende 1525 wurde Vadian hier zum ersten Mal zum Bürgermeister gewählt. Hier leitete der städtische Rat Massnahmen zur Reformation ein. 1524 beschloss er, dass die Bibel oberste Autorität sei. 1525 wurden auf Beschluss des Rates Altäre und Bildwerke zerstört und eine erst wenige Jahre zuvor gebaute Orgel abgebrochen. Messgewänder und kirchliche Geräte wurden zugunsten der Armen verkauft. St. Laurenzen ist damit ein Symbol für die enge Verbindung von Politik und Religion in St. Gallen.
Bis zur Reformation war die Klosterkirche neben St.Laurenzen das religiöse Zentrum der Stadtbewohner gewesen; sie hatten dort auch den Gottesdienst besucht. Sie hatten deren Aus- und Umbau mit Stiftungen unterstützt und Hilfe und Trost bei der Mutter Gottes im Gatter – einem Gnadenbild in der Kirche – gesucht. Doch 1529 kam es in der Klosterkirche zum grossen Bildersturm. In der Kirche und in den übrigen Kapellen im Klosterbezirk wurden Altäre zerstört, Plastiken zerhauen, Bilder zersägt und die Wände weiss übermalt.
Nach dem 1. Kappelerkrieg 1529 verkauften Zürich und Glarus als Schirmorte über die Fürstabtei den Klosterbezirk an die Stadt. Damit wurde die Stadt auch Besitzerin von Klosterarchiv und -bibliothek. Nach der Niederlage der Reformierten im 2. Kappelerkrieg 1531 erklärten die katholischen Orte den Verkauf des Klosterbezirks für ungültig. Der Abt kehrte schon am 1. März 1532 zurück. Die heutige Stiftskirche St. Gallus und Otmar wurde zwischen 1755 und 1805 erbaut. Sie gilt als ein Meisterwerk des Spätbarocks und gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Weltberühmt ist auch die Stiftsbibliothek.
Die Geschichte St.Gallens wird oft als Geschichte von Gegensätzen erzählt: von Kloster und Stadt, von gross und klein, von katholisch und reformiert. Symbol dieser Gegensätze ist die so genannte Schiedmauer, welche nach 1566 Stadt und Kloster trennte. Zum Zeitpunkt des Mauerbaus hatten aber Stadt und Kloster schon lange miteinander existiert. Die Stadt war als Siedlung beim Kloster entstanden und gewachsen. 1291 hatte der Abt den Bürgern das Stadtrecht erteilt. Mitte des 15. Jahrhunderts waren beide Staatswesen überwiegend selbständig.
Gewisse Verpflichtungen bestanden jedoch weiterhin. Erst einige Jahrzehnte nach der Reformation, 1566, wurde die vollständige Unabhängigkeit ausgehandelt. Bestehende gegenseitige Verpflichtungen – etwa die Pflicht zur Belieferung des Klosters mit Kerzen und Hostien – wurden durch Zahlungen abgelöst. Damals wurde entlang der Gallusstrasse bis zum Gallusplatz die Schiedmauer gebaut, welche die beiden Hoheitsgebiete voneinander abgrenzte. Heute sind nur noch Reste der hohen und wuchtigen Originalmauer sichtbar. Der ursprüngliche Verlauf wurde durch das heutige kniehohe Mäuerchen sichtbar gemacht.
Das Karlstor ist das einzige heute noch erhaltene historische Stadttor. Gebaut wurde es als Tor des Abtes: Es ermöglichte ihm, in sein katholisches Untertanengebiet zu gelangen, das sich vom Bodensee bis nach Wil und ins Toggenburg erstreckte, ohne den Boden der reformierten Stadt betreten zu müssen. Seinen Namen Karlstor erhielt es, weil Kardinal Karl Borromäus (1538-1584), ein bedeutender Vertreter der Gegenreformation, es angeblich als erster durchschritten hatte.
Im Relief über dem Tor sind oben den gekreuzigten Jesus mit Maria und Johannes dargestellt. Rechts davon befindet sich das Reichswappen mit dem Doppeladler; es drückt aus, dass St.Gallen ein Reichskloster war. Links davon ist das Wappen von Papst Pius IV. Medici abgebildet. Unten in der Mitte ist das Wappen von Abt Otmar II. Kunz (1564–1577) dargestellt. Links steht der Heilige Gallus mit dem Bär, der ihm gemäss Legende beim Bau seiner Zelle behilflich war. Rechts ist der Heilige Otmar mit einem Weinfass abgebildet, eine Anspielung auf das Weinwunder bei der Überführung der Reliquien des Heiligen über den Bodensee.
Wohlhabende St.Galler Textilhandelsleute besassen oft zusätzlich zu ihrem Haus in der Stadt auch einen schlossartigen Wohnsitz auf dem Land. Damit ahmten sie den Lebensstil des Adels nach. Mit dem sogenannten Schlössli bauten die Zollikofer, eine reiche St. Galler Textilhandelsfamilie, einen solchen «Adelssitz» mitten in der Stadt. Es wurde zwischen 1586 und 1590 erbaut und ist das herrschaftlichste Privathaus in der Stadt. Vadians Familie war durch die Heirat seiner Tochter und Laurenz Zollikofer mit der Besitzerfamilie verbunden; erbaut wurde das Schlössli von Vadians Enkel.
Die 1228 gegründete Frauengemeinschaft war bis zur Reformation ein Dominikanerinnenkloster, in das zahlreiche Frauen aus der Stadtsanktgaller Oberschicht eintraten – unter anderem auch Vadians Schwester Katharina. Im Zuge der Reformation wurde seine Einrichtung von Bilderstürmern zerstört. Die Schwestern wurden drangsaliert und zum Besuch der reformierten Predigt gezwungen. So löste sich der Konvent allmählich auf. Die Stadt erwarb das Kloster 1594 und richtete darin Schulen ein. Nach 1685 wurden in der Kirche französische Gottesdienste für die hugenottischen Flüchtlinge abgehalten.
Die Kirche St. Mangen gilt als eine der ältesten Kirche der heutigen Stadt. Der die Kirche umgebende Friedhof löste nach der Reformation den früheren, beim Galluskloster gelegenen Friedhof ab. An der Seite sind die Grabsteine früherer Stadtpfarrer zu sehen. Die heute noch in St. Mangen durchgeführten Gottesdienste der Eglise française erinnern an die Glaubensflüchtlinge aus Frankreich (Hugenotten).
Die alemannische Adlige Wiborada liess sich 916 in einer Klause bei der Kirche St. Mangen einmauern, wie die Überlieferung berichtet. Nur durch ein kleines Fensterchen blieb die Inklusin mit der Aussenwelt in Kontakt und fand beim Ungarneinfall von 926 den Märtyrertod. 1047 wurde Wiborada als erste Frau überhaupt heiliggesprochen. Als während der Reformation 1528 die Bilder und Reliquien aus der Kirche St. Mangen zerstört wurden, wurden auch die Überreste der Wiborada an einen unbekannten Ort weggeschafft.
Gemäss der Legende wurde St. Gallen im 7. Jahrhundert durch Gallus, einen Mönch im Gefolge des Heiligen Columban, als Einsiedelei gegründet. Aus dieser Einsiedelei entwickelte sich im Hochmittelalter eines der einflussreichsten Klöster Europas. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts lebten in der Stadt etwa 4000 bis 5000 Einwohner. In einem langen Prozess hatte sich die Stadt vom Kloster emanzipiert, die politische Macht lag in den Händen der Bürger. Nun fanden Martin Luthers Ideen auch den Weg in die Ostschweiz.
Zentrale Figur der Reformation in St. Gallen war Joachim von Watt, genannt Vadian. Er diskutierte vor Ort sowie in Briefen mit befreundeten Geistlichen biblische Texte. Eine wichtige Rolle für die Verbreitung der Reformation spielte aber auch Johannes Kessler (1502/3–1574). Er hatte in Basel und Wittenberg Theologie studiert und dabei auch Luther kennengelernt. Seinen Lebensunterhalt verdiente Kessler als Sattler; bekannt wurde er jedoch durch seine «Lesinen», seine Bibelauslegungen. Zuerst in Privaträumen und später auch in der Kirche diskutierte er die Bibel mit der Stadtbevölkerung.
Es war dann aber die städtische Obrigkeit, die in St. Gallen die Reformation umsetzte. 1524 erliess der städtische Rat das Gebot, dass die Bibel oberste Autorität sei; jeder soll die Bibel selbst auslegen können und nicht an die Interpretation der Kirche gebunden sein. Eine Reformationskommission, der auch Vadian angehörte, überprüfte die Bibeltreue der Predigten. Der Rat verlangte auch, dass alle Prediger den Bürgereid schworen. An Ostern 1527 wurde in der Kirche St. Laurenzen erstmals das Abendmahl nach reformiertem Brauch gefeiert.
Bald lebten in der Stadt nur noch reformierte Bürgerinnen und Bürger. Gemäss dem Grundsatz «Wessen Herrschaft dessen Religion» (cuius regio eius religio) mussten alle Untertanen derselben Konfession wie ihre Herrschaft angehören. Auch nach St. Gallen kamen französische Glaubensflüchtlinge (Hugenotten), welche sich an der Entwicklung der Baumwollindustrie in St. Gallen und der ganzen Ostschweiz beteiligten.
Joachim von Watt wurde 1484 in eine wohlhabende Politiker- und Tuchhändler-Familie geboren. Er studierte in Wien, wo er 1508 als „Magister artium“ (Grundlagen-Wissenschaften) abschloss. 1517 war er Doktor der Medizin und kehrte 1518 nach St. Gallen zurück. Hier öffnete er sich, beeinflusst von seinem Zürcher Freund Ulrich Zwingli, für die Reformation. Er war Ratsherr und während über 25 Jahren im Dreijahresturnus Bürgermeister von St. Gallen. In diesem Amt förderte er die Reformation nach Kräften.
Vadians Wirken trieb den Fürstabt und die Mönche in die Flucht. Nach der Niederlage der reformierten Zürcher im 2. Kappeler Krieg 1531 verschoben sich aber die Machtverhältnisse und die Fürstabtei wurde wieder hergestellt. Als Humanist pflegte Vadian intensiven brieflichen Austausch mit anderen Gelehrten im ganzen deutschsprachigen Raum, unter anderem über die Reformation. Als Reformator genoss er weit herum hohes Ansehen. Als Diplomat griff er in verschiedene politische und religiöse Konflikte ein. 1551 starb Vadian in St. Gallen.
Aus einfachen Verhältnissen stammend, studierte der St. Galler Johannes Kessler in Basel, wo er Luthers Lehren hörte, und darauf in Wittenberg. Zurück in der Heimatstadt lernte er das Sattlerhandwerk. Nebenher hielt er seinen Zunftgenossen biblische Vorträge, die er «Lesinen» nannte. Er verfasste auch eine Chronik der Reformation, die «Sabbata». Im Gegensatz zu anderen Reformatoren war er grossherzig und konnte auch andere Positionen stehen lassen. Nach dem Tod Vadians übernahm er einen Teil von dessen Aufgaben und diente der St. Galler Kirche noch rund 20 Jahre lang.
Das Geburtshaus von Ulrich Zwingli steht im Ortsteil Lisighaus und ist zugleich eines der ältesten erhaltenen Bauernhäuser der Schweiz. Wann und von wem es gebaut wurde, ist nicht bekannt. Es diente im 19. Jahrhundert als Schulhaus, um 1900 wurde es renoviert und der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons St. Gallen geschenkt. Diese betreibt darin ein Museum.
Der zweigeschossige Blockbau besteht im Erdgeschoss aus einer Wohnküche, einer Stube und einem Nebenraum, im Obergeschoss sind zwei Schlafkammern. Nach dem Bau sind einige Veränderungen vorgenommen worden. So ist der heutige Eingang frontseits nicht der ursprüngliche, er befand sich ursprünglich wahrscheinlich an der Westseite. Auch die grosszügige Fensterreihe in der Frontseite wurde erst für den Schulbetrieb ausgeschnitten. Das Mobiliar stammt grossenteils aus dem Schweizerischen Landesmuseum oder aus der Region.
Beim Zwinglihaus sprudelt schon seit Menschengedenken eine Quelle, die zuverlässig gutes Wasser liefert. Wahrscheinlich ist die Siedlung Lisighaus sogar um diese Quelle herum entstanden. Die ältesten Wasserrechte gehören zum Zwinglihaus, der kleine Ulrich dürfte also täglich aus der Quelle bzw. dem darüber gebauten Brunnen getrunken haben. 1951 wurde der heutige Brunnen nach einem Entwurf des Winterthurer Architekten Edwin Bosshardt erstellt. Das Zwingli-Relief stammt vom Berner Künstler Karl Hänny.
1484 löste sich Wildhaus von der Pfarrei Gams und wurde eine eigene Kirchgemeinde. Im selben Jahr wurde die heutige «Liebfrauenkirche» eingeweiht. Die Glocke stammt aus dem Jahr 1396 und hing ursprünglich in der Kapelle der Wildenburg. 1506 las Ulrich Zwingli in dieser Kirche seine erste Messe. Von 1595 bis 1777 wurde sie von Reformierten und Katholiken gemeinsam genutzt, weil das Toggenburg eine der wenigen Regionen war, wo beide Konfessionen nebeneinander lebten. 1777 bauten die Wildhauser Katholiken eine eigene Kirche.
Das Benediktinerkloster Alt St. Johann wurde 1152 erstmals urkundlich erwähnt. Es besass umfangreiche Güter im Toggenburg und im Rheintal. Seine Blütezeit erlebte es im 14. Jahrhundert. Das Kloster überlebte zwar die Reformation, wurde aber 1555 als Priorat der Abtei St. Gallen inkorporiert. Nach einem Brand 1626 und mysteriösen Todesfällen wurde das Priorat 1629 nach Neu St. Johann verlegt. Es wurde zu einem wichtigen Vorposten der Gegenreformation. Sehenswert ist die katholische Kirche und der Schaugarten.
Der Übergang vom Toggenburg ins Rheintal wurde erst spät besiedelt. Zwar begann die Nutzung der Alpen am Fusse des Säntis in der Spätantike, aber erst um 1200 erbauten die Herren von Sax eine Burg, Wildenburg genannt. Sie gab der bäuerlich geprägten Siedlung den Namen. Im Geburtsjahr von Ulrich Zwingli 1484 löste sich Wildhaus kirchlich von der Gemeinde Gams. Gleichzeitig wurde die neue Pfarrei zur Diözese Chur geschlagen und auch die heute noch bestehende Kirche wurde in jenem Jahr eingeweiht.
Obwohl das Toggenburg zur Fürstabtei St. Gallen gehörte, war nach der Reformation die Mehrzahl seiner Einwohner reformiert. Das Toggenburg gehörte zu den wenigen Regionen, in denen beide Konfessionen ihren Glauben ausüben durften. Im 17. Jahrhundert bemühte sich der Abt von St. Gallen im Zuge der Gegenreformation, Reformierte zurück zum katholischen Glauben zu bringen; er liess in den meisten Ortschaften neben der reformiert gewordenen alten Kirche eine neue katholische bauen. Heute leben etwas mehr Reformierte als Katholiken in Wildhaus.
Wildhaus war Teil eines Untertanenlandes. Das abgelegene und einigermassen wohlhabende Wildhaus dürfte sich um 1500 einer gewissen Selbständigkeit erfreut haben. Das Toggenburg als vormalige Grafschaft schloss Bündnisse mit Glarus und Schwyz, 1530 erklärten sich die Toggenburger gar für selbständig – allerdings gelangte der Fürstabt von St. Gallen 1531, nach dem zweiten Kappeler Krieg in den Besitz seiner Rechte zurück. Seit 2010 bildet Wildhaus zusammen mit Al¬t St. Johann eine politische Gemeinde. Wildhaus ist mit knapp 1100 Metern über Meer (Dorfzentrum) das höchstgelegene Dorf des Kantons St. Gallen und trägt die höchste Postleitzahl der Schweiz: 9658.
Zwingli wurde am 1. Januar 1484 in Wildhaus im Toggenburg geboren. In Basel erhielt er eine theologische und humanistische Bildung. Der Rat von Zürich berief ihn als Leutpriester ans Grossmünster, wo er seine Arbeit 1519, an seinem 35. Geburtstag, begann. Allein durch die Auslegung der Bibel kritisierte Zwingli kirchliche und religiöse Missstände seiner Zeit, aber auch das einträgliche Geschäft des Reislaufens (Söldnerwesen). Er hatte als Seelsorger bei der Schlacht von Marignano 1515 das Elend der Söldner miterlebt. Noch glaubte er an die Reformfähigkeit der katholischen Kirche.
Während der Fastenzeit 1522 assen der Buchdrucker Froschauer und seine Gesellen Wurst zum Abendessen und wurden deswegen angeklagt. Zwingli verteidigte die «Schuldigen» mit Predigten und der Schrift «Vom Erkiesen (Auswählen) und der Freiheit der Speisen». Der Grosse Rat veranstaltete im Januar 1523 eine Disputation über Zwinglis Lehre und erlaubte ihm, damit weiterzufahren. Ein Jahr später hob der Rat die Fastengesetze vollends auf. 1524 heiratete er Anna Reinhart; das war der eigentliche Bruch mit der katholischen Kirche.
Zwinglis Predigten, seine Schriften und sein persönlicher Einfluss bewirkten, dass der Rat der Stadt Zürich in den folgenden Jahren die Heiligenfiguren und Kirchenschätze entfernen liess. Auch Gesang und Orgelmusik wurden auf Jahre aus dem Gottesdienst verbannt. Der Altar für das Messopfer wurde ersetzt durch einen schlichten Tisch. Das Abendmahl sollte eine Dankes- und Erinnerungsfeier der Gemeinde sein. Es war auch das Abendmahl, welches Zwingli von Martin Luther entzweite. Dieser glaubte an die wirkliche Gegenwart Christi in Brot und Wein, Zwingli aber nur an eine symbolische.
Gemeinsam mit Landgraf Philipp dem Grossmütigen von Hessen hatte Zwingli grosse Pläne: Eine reformierte Achse sollte ganz Europa vom Katholizismus befreien. Seit 1528 war auch das mächtige Bern dank Zwinglis Intervention reformiert, und die Schweiz nach dem 1. Kappeler Krieg vermeintlich befriedet. Doch 1531 kam es, für Zürich überraschend, zum 2. Kappeler Krieg. Die schlecht vorbereiteten Zürcher wurden vernichtend geschlagen. Auch Zwingli selber kam auf dem Schlachtfeld um. Sein Tod stürzte die Reformation weit über Zürich hinaus in eine tiefe Krise.
Wo heute die Wasserkirche steht, sollen gemäss Legende die Stadtheiligen Felix und Regula enthauptet worden sein. Die Geschwister sollen nach der Hinrichtung ihre Köpfe zu jener Stelle getragen haben sollen, wo heute das Grossmünster steht. Hier wurden sie begraben, über ihren Gräbern wurde später das Grossmünster erbaut. Die Wasserkirche, das Grossmünster und das Fraumünster – in allen drei Kirchen wurden Reliquien der Heiligen verehrt – bildeten die «Prozessionsachse», welche viele Wallfahrer beschritten. Die Reliquien sind während der Reformation verschwunden.
Ein erstes Kirchlein wurde um das Jahr 1000 errichtet, es wurde im 13. Jahrhundert umgebaut. 1487 wurde die heutige Wasserkirche im gotischen Stil eingeweiht. Sie stand bis 1838, als das heutige Limmatquai aufgeschüttet wurde, auf einer Insel. Nach der Reformation diente die Wasserkirche als Lagerhaus. Das angebaute Helmhaus stammt vom Ende des 18. Jahrhunderts. An seiner Ostseite steht das Zwingli-Denkmal von 1885. Die Bibel in Zwinglis Hand erinnert daran, dass diese die Grundlage der Reformation war. Das Schwert soll zeigen, dass Zwingli auch eine Neuordnung der Gesellschaft anstrebte.
Das Grossmünster war zur Zeit Zwinglis zugleich Chorherrenstift und Gemeindekirche. Hier begann Ulrich Zwingli 1519 mit seiner Auslegung des Matthäusevangeliums. Zwingli rief die «Prophezei» ins Leben: Täglich übersetzten Studierende und Gelehrte im Chor des Grossmünsters die Bibel, legten sie aus und predigten dem Volk. Daraus entstand eine Theologenschule und im 19. Jahrhundert die Universität Zürich, deren theologisches Seminar sich hier befindet. Hier entstand auch die erste vollständige Übersetzung der Bibel ins Deutsche, die «Froschauer Bibel» von 1531.
Das heutige Grossmünster, das Wahrzeichen der Stadt, wurde etwa zwischen 1100 und 1250 erbaut. Immer wirder wurde umgebaut, erst Ende des 18. Jahrhunderts wurden die heutigen neugotischen Kuppeln aufgesetzt. Die letzte wesentliche sichtbare Veränderung stammt von 2005 bis 2009, als die Fenster im Längsschiff von Sigmar Polke neu gestaltet wurden. Sehenswert sind die von Otto Münch gestalteten Türen mit biblischen Geschichten in der Nord- und mit Szenen der Reformationsgeschichte in der Südfassade (vgl. Station 4). Die Chorfenster von Augusto Giacometti zeigen die Weihnachtsgeschichte.
Der Südturm (Karlsturm) kann bestiegen werden und bietet einen schönen Rundblick über Zürich. Aussen ist die Kopie einer Sitzfigur von Karl dem Grossen angebracht (das Original befindet sich in der Krypta). Der Kaiser soll die Gräber der Heiligen Felix und Regula wiederentdeckt und den Bau der Kirche sowie der Probstei Felix und Regula angeordnet haben. Bis zur Reformation wohnten in der Probstei die 24 Chorherren (Gemeinschaft von Geistlichen, die keinem Orden angehörten). Sie wurde 1849 abgerissen und durch einen neoromanischen Bau ersetzt.
Im Haus zur Sul (Kirchgasse 22/Ecke Neustadtgasse) wohnte Ulrich Zwingli zuerst; danach wurde das heutige Kulturhaus Helferei seine Amtswohnung, in der er zusammen mit seiner Frau Anna Reinhard und vier Kindern lebte. Ihre Heirat 1524 gehörte zu den ersten «Pfarrerhochzeiten» und bereitete der Aufhebung des Zölibatzwangs den Weg. Als das Grossmünsterstift 1832 aufgehoben wurde, wurde das Haus Wohnsitz des Diakons, des «Helfers», daher der Name «Helferei». Die neugotische Kapelle wurde im 19. Jahrhundert angebaut.
Seit 1939 zeigt das vom Bildhauer Otto Münch geschaffenes Bronzeportal 16 Szenen aus dem Leben Zwinglis. Von unten links sind Szenen aus seiner Jugend und aus der Schlacht von Marignano 1515 zu sehen. Dem im Deutschen Reich verfolgten Ritter Ulrich von Hutten gewährte Zwingli auf der Insel Ufenau Zuflucht. Das Quadrat rechts in der zweitobersten Reihe zeigt seinen Tod in der Schlacht von Kappel. Auch sein Nachfolger Heinrich Bullinger und Reformatoren aus anderen Schweizer Städten sind dargestellt. Ebenfalls beim Nordportal ist eine Statue von Heinrich Bullinger zu sehen.
Die Froschaugasse, ein Teilstück auf dem Weg zwischen Grossmünster und Predigerkirche, verdankt ihren Namen dem Buchdrucker Christoph Froschauer, der viele der Schriften Zwinglis druckte. Auch viele andere Schriften, besonders Bibelausgaben, Bibelübersetzungen und Bibelkommentare erschienen bei ihm. Berühmt wurde Froschauer aber durch das «Wurstessen» im März 1522: Während der Fastenzeit brachen er und seine Gesellen das kirchliche Verbot, Fleisch zu essen, und verpflegten sich mit Würsten. Zwischen dem Zähringer- und dem Predigerplatz erinnert der Froschauerbrunnen an den Buchdrucker.
Die Dominikaner, die so genannten Prediger, bauten hier im13. Jahrhundert ein Kloster und eine turmlose Kirche. Nach einem Brand kam ein gotischer Chor dazu. Mit der Reformation wurde das Kloster wurde zum Spital. Täglich erhielten hier die Armen Essen aus dem «Mushafen»: Das Geld, das man nicht mehr für den Kirchenschmuck brauchte, kam nun den Bedürftigen zugute. Im 19. Jahrhundert diente der Chor als Bibliothek. Heute ist die Predigerkirche ein Ort der Gastfreundschaft. Hier gibt es täglich ein Mittagsgebet und Gesprächsangebote. Mitten in der Stadt ist sie ein Raum der Ruhe und der Andacht.
Hier wurde am 5. Januar 1527 Felix Manz als erster Täufer verurteilt und in der Limmat ertränkt. Die Begründung war: «Aufruhr gegen die christliche Obrigkeit, Zerstörung der christlichen Gemeinschaft und Meineid.» Bis 1532 sind noch fünf weitere Täuferhinrichtungen in Zürich bekannt. Die weltweite Bewegung der Täufer oder «Mennoniten» sieht einen ihrer wichtigsten Ursprungsorte in Zürich. Im Juni 2004 wurde an der Schipfe zum Gedenken an diese Ereignisse eine Tafel enthüllt. Kirche und Regierung Zürichs bitten damit für die Verfolgung der Täufer um Entschuldigung.
St. Peter ist die älteste Pfarrkirche der Stadt Zürich, sie geht auf die Römerzeit zurück. Das heutige frühbarocke Kirchenschiff entstand 1705. Es war der erste Kirchenbau nach der Reformation. Von 1523 bis 1542 war Leo Jud, ein Freund Zwinglis und Mitübersetzer der Zürcher Bibel, hier Pfarrer. Die ersten Zerstörungsaktionen von Altarschmuck und Bildern fanden im September 1523 in St. Peter statt, nachdem Jud gegen die «Götzenverehrung» gepredigt hatte. Berühmt ist die Turmuhr von St. Peter; sie ist die grösste Kirchturmuhr Europas mit ihren vier Zifferblätter von je 8,64 m Durchmesser.
Seit der Mitte des 9. Jahrhunderts standen hier eine Kirche und ein Frauenkloster. Die Kirche hatte vom 12. bis ins 18. Jahrhundert zwei Türme. Die Äbtissin des Fraumünsters war nach altem Recht, im 16. Jahrhundert aber nur noch theoretisch, die Züricher Stadtherrin. Während der Reformation übergab die letzte Äbtissin des Klosters, Katharina von Zimmern, 1524 Abtei, Kirche und Besitz dem Rat von Zürich. Im Kreuzgang erinnert ein Denkmal an sie. Eine besondere Ausstrahlung geht von den Glasfenstern im Chor aus, die Marc Chagall ab 1967 geschaffen hat.
Die Reformation in Zürich war ein politischer Vorgang. Wichtige Entscheidungen fielen im Zürcher Rathaus. Das heutige Gebäude wurde 1698 an derselben Stelle wie das alte eingeweiht. Hier fand im Januar 1523 eine Disputation statt, an der Zwingli über seine Lehre Rechenschaft geben musste. An einer zweiten Disputation im Herbst 1523 sprach man über die Bilderverehrung, die Messe und deren Abschaffung. Noch heute tagt der Kantonsrat jeden Montag im Rathaus, der Gemeinderat der Stadt Zürich versammelt sich hier am Mittwoch. Auch die Kirchenparlamente nutzen das Rathaus als Tagungsort.
Der Ursprung des Christentums in Zürich geht gemäss der Legende auf die Stadtheiligen Felix und Regula zurück. Sie sollen während der letzten Christenverfolgung unter Diokletian um 300 enthauptet worden sein, weil sie sich als Angehörige der Thebäischen Legion weigerten, Christen zu verfolgen. 1200 Jahre später, zur Zeit der Reformation, zählte Zürich etwa 7000 Einwohner. Abgabenforderungen von Klöstern und Kirche lasteten auf der Bevölkerung. Es wurden Reliquien verehrt, es gab kostbare Altäre, Insignien und Messgewänder.
1519 wählte die Stadtregierung den Toggenburger Ulrich Zwingli als «Leutpriester» (Pfarrer für die einheimischen Gemeindeglieder und Pilger) ans Grossmünster. Zwingli setzte sich in Zürich gegen das Söldnerwesen, aber auch gegen den Heiligenkult, den Ablasshandel und die Messe ein. Er hielt sich von Anfang an nicht an die kirchliche Leseordnung, sondern legte das Matthäusevangelium der Reihe nach aus. Zwingli fand bald Gleichgesinnte unter Theologen, Bürgerschaft und Regierung, welche die Reformation stützten. Die Klöster wurden geschlossen und dienten nun anderen Zwecken.
Es kam zu Kriegen mit der katholischen Innerschweiz. Aus dem 1. Kappeler Krieg («Kappeler Milchsuppe») ging Zürich siegreich hervor. Vom 2. Kappeler Krieg jedoch wurde Zürich überrascht. Ein übereilt zusammengetrommeltes Häuflein Zürcher wurde von den gut gerüsteten Innerschweizern vernichtend geschlagen. Unter den Gefallenen war auch Zwingli. Sein Nachfolger wurde Heinrich Bullinger. Während Jahrhunderten war Zürich eine rein reformierte Stadt. Erst in den letzten 100 Jahren entstanden wegen der Zuwanderung auch wieder katholische Kirchen.
Zürich ist auch die Geburtsstätte der Täuferbewegung. Ursprüngliche Anhänger Zwinglis forderten radikalere Reformen. Sie lehnten die Kindertaufe ab und verweigerten den Eid. Einige wollten sich in kleinen Gemeinden von wahren Gläubigen sammeln, andere sympathisierten mit aufständischen Bauern. Der Rat fürchtete eine Revolution und drohte er mit zunehmend härteren Strafen. Am 5. Januar 1527 wurde Felix Manz als erster Täufer in der Limmat ertränkt. Bis 1532 sind noch fünf weitere Täuferhinrichtungen in Zürich bekannt. Die weltweite Bewegung der Täufer sieht ihren Ursprungsort in Zürich.
Zwingli wurde am 1. Januar 1484 in Wildhaus im Toggenburg geboren. In Basel erhielt er eine theologische und humanistische Bildung. Der Rat von Zürich berief ihn als Leutpriester ans Grossmünster, wo er seine Arbeit 1519, an seinem 35. Geburtstag, begann. Allein durch die Auslegung der Bibel kritisierte Zwingli kirchliche und religiöse Missbräuche seiner Zeit, aber auch das einträgliche Geschäft des Reislaufens (Söldnerwesen). Er hatte als Seelsorger bei der Schlacht von Marignano 1515 das Elend der Söldner miterlebt. Noch glaubt er an die Reformfähigkeit der katholischen Kirche.
Während der Fastenzeit 1522 assen der Buchdrucker Froschauer und seine Gesellen Wurst zum Abendessen und wurden deswegen angeklagt. Zwingli verteidigte die «Schuldigen» mit Predigten und der Schrift «Vom Erkiesen (Auswählen) und der Freiheit der Speisen». Der Grosse Rat veranstaltete im Januar 1523 eine Disputation über Zwinglis Lehre und erlaubte ihm, damit weiterzufahren. Ein Jahr später hob der Rat die Fastengesetze vollends auf. 1524 heiratete er Anna Reinhart; das war der eigentliche Bruch mit der katholischen Kirche.
Zwinglis Predigten, seine Schriften und sein persönlicher Einfluss bewirkten, dass der Rat der Stadt Zürich in den folgenden Jahren die Heiligenfiguren und Kirchenschätze entfernen liess. Auch Gesang und Orgelmusik wurden auf Jahre aus dem Gottesdienst verbannt. Der Altar für das Messopfer wurde ersetzt durch einen schlichten Tisch. Das Abendmahl sollte eine Dankes- und Erinnerungsfeier der Gemeinde sein. Es war auch das Abendmahl, welches Zwingli von Martin Luther entzweite. Dieser glaubte an die wirkliche Gegenwart Christi in Brot und Wein, Zwingli aber nur an eine symbolische.
Gemeinsam mit Landgraf Philipp dem Grossmütigen von Hessen hatte Zwingli grosse Pläne: Eine reformierte Achse sollte ganz Europa vom Katholizismus befreien. Seit 1528 war auch das mächtige Bern dank Zwinglis Intervention reformiert, und die Schweiz nach dem 1. Kappeler Krieg vermeintlich befriedet. Doch 1531 kam es, für Zürich überraschend, zum 2. Kappeler Krieg. Die schlecht vorbereiteten Zürcher wurden vernichtend geschlagen. Auch Zwingli selber wurde von den Innerschweizern gefangen genommen und getötet. Sein Tod stürzte die Reformation weit über Zürich hinaus in eine tiefe Krise.
Nach Zwinglis Tod bei Kappel wurde Heinrich Bullinger aus Bremgarten mit nur 28 Jahren Nachfolger des Reformators. Er übte sein Amt als Antistes – so wurde der Vorsteher der Zürcher Kirche genannt – während 44 Jahren aus, bis zu seinem Tod im Jahre 1575. 1529 heiratete er Anna Adlischwyler, eine der letzten Nonnen aus dem Kloster Oetenbach in Zürich. Die beiden hatten elf Kinder und führten eine glückliche Ehe. Die Familie wohnte im Antistitium, gegenüber dem Grossmünster. Hier fanden immer wieder Bedürftige und Flüchtlinge Zuflucht. 1565 starben Anna und drei der Töchter an der Pest.
Mit seinen zahlreichen theologischen Schriften festigte Bullinger die Zürcher Reformation und verbreitete sie europaweit. Für viele Reformierte in ganz Europa war er der Lehrer und Seelsorger der Reformation. Seine Briefkorrespondenz umfasst etwa 12 000 erhaltene Briefe. Adressaten sind Fürsten und Königinnen, aber auch ganz gewöhnliche Menschen. 1549 einigte er sich mit Johannes Calvin im «Consensus Tigurinus» in der Abendmahlsfrage. Bullingers «Zweites Helvetisches Bekenntnis» wurde von vielen Kirchen in der ganzen Welt geschätzt oder gar als eigenes Glaubensbekenntnis übernommen.
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