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Berner Münster

Das Berner Münster ist ein repräsentativer Ausdruck der reichen Frömmigkeit der Stadt und deren Selbstverständnisses. 1405 vernichtete ein Brand grosse Teile der Stadt. Beim Wiederaufbau entstand der Wunsch nach einem würdigen Gotteshaus. Weil die Stadt kirchliche Angelegenheiten vermehrt in die eigenen Hände nehmen wollte, war sie auch Auftrag- und Haupt-Geldgeberin des Münsterbaus. 1484 gründete sie ein Kollegiatstift, dessen Geistliche dem Rat unterstellt waren. Mit der Reformation wurde dieses aber schon 1528 wieder abgeschafft.

Das Berner Münster ist das bedeutendste spätgotische Gesamtkunstwerk der Schweiz. Es trägt mit seiner Grösse, der Tiefe des Chors und der Höhe des Turmes kathedralhafte Züge, die auf die Macht der Stadt verweisen. So setzt der Turm einen klaren Akzent im Stadtbild. Er erhebt sich über einer dreiteiligen Vorhalle, deren Hauptportal von einer kunstvollen Darstellung des Jüngsten Gerichts gekrönt ist. Ausgeklügelte Architektur und reiche Verzierungen zeugen vom Können der Baumeister.

Die Berner Reformation spielte sich rund ums Münster ab. Hier amtete Berchtold Haller ab 1520 als Leutpriester und predigte das Evangelium. 1528 legten hier die Einwohner der Stadt Bern, aufgeboten von der Obrigkeit, den Eid auf die Reformation ab. Noch heute werden die Berner Pfarrerinnen und Pfarrer jeweils im Münster ordiniert.

Berner Münster, Hostienmühlenfenster

Im Chor sind grosse Fenster mit spätgotischen Glasmalereien zu sehen. Das Fenster links stellt die «Hostienmühle» dar: Die Worte des Neuen Testaments werden in der Mühle gemahlen, wobei unten Christus herauskommt. Unten im Bild verteilen Priester den «gemahlenen» Christus in Form von Hostien (Abendmahlsbrot). Die Reformatoren bekämpften die Auffassung, dass Menschen erst durch die Vermittlung der Kirche mit Christus in Berührung kommen; für sie ist Christus alleiniger Mittler zwischen Mensch und Gott.

Berner Münster, Kanzel

Berchtold Haller wurde 1520 Leutpriester am Berner Münster. Er war mit dem Zürcher Reformator Huldrych Zwingli befreundet und predigte im Sinne von dessen Ideen. Im Januar 1528 predigte Zwingli selbst auf der Kanzel des Berner Münsters.

Chorgericht

Das Gebäude südlich des Münsterplatzes stammt aus dem 18. Jahrhundert; heute ist darin die Volkswirtschaftsdirektion untergebracht. Früher stand hier das Deutschordenshaus; der Orden wurde 1485 vom Chorherrenstift abgelöst.

Nach der Reformation tagte hier das Chorgericht, das in Kirchen-, Ehe- und Sittenfragen zu richten hatte. Insbesondere ahndete es die Missachtung des Sonntags durch Tanzen oder Wirtshausbesuche.

Münsterplattform

Im Januar 1528, nach der Berner Disputation, wurden in einem Bildersturm Gemälde und Statuen, die Zeichen des katholischen Glaubens waren, gewaltsam beseitigt. Sie wurden als Material zum Aufschütten der Münsterplattform verwendet. 1986 konnte man unter dem Pavillon in der Südwestecke Überreste bergen und dem Historischen Museum Bern übergeben.

Die Täufer waren Anhänger einer radikalen Reform und eines freiwillig erlebten, von der Obrigkeit unabhängigen Christentums. Sie lehnten die Kindertaufe ab und verweigerten Eid und Kriegsdienst. Das wollte der Staat Bern nicht dulden, sie wurden deshalb in Bern bis Mitte des 18. Jahrhunderts blutig verfolgt. Viele von ihnen wurden zwangsdeportiert. An der Aare unterhalb der Münsterplattform verlud man sie auf Schiffe, die sie rheinabwärts brachten, wo sie ihr Dasein auf den Galeeren fristeten und oft beendeten.

Gedenktafel Niklaus Manuel

Niklaus Manuel (um 1484-1530) war ein Maler, Dichter, Politiker und wichtiger Förderer der Reformation. Bei der Berner Disputation zwischen Anhängern der Reformation und jenen der katholischen Kirche wirkte er als Rufer, der im Namen des Rates das Wort erteilte. Anschliessend wurde er in den Kleinen Rat gewählt. Bis zu seinem Tod setzte er sich als Diplomat für den Frieden unter den Eidgenossen ein.

Kreuzgasse

1523 wurden in der Kreuzgasse zwei Fasnachtsspiele von Niklaus Manuel aufgeführt. Darin stellte er den Prunk und die Machtfülle der klerikalen Kirche der Armut Christi und seiner Nachfolger gegenüber. Die Fasnachtsspiele trugen viel zur Stimmung zugunsten der Reformation bei.

Rathaus

Die Reformation wurde in Bern am 7. Februar 1528 von der weltlichen Obrigkeit per Mandat eingeführt. Grundlage dafür war die Berner Disputation. Altgläubige Kritiker warfen Bern vor, dass es sich in Glaubensfragen einmische, für die der Bischof, das Konzil oder der Papst zuständig seien. Damit hatten sie zwar nicht ganz unrecht. Doch die Kirche war selber viel zu sehr kompromittiert, als dass sie eine unabhängige Entscheidung hätte treffen können. Und ohne obrigkeitlichen Segen wäre eine Reformation unmöglich gewesen.

Französische Kirche (Dominikanerkirche)

Der Tod als Gleichmacher war im Mittelalter ein beliebtes sozialkritisches Motiv. So waren Darstellungen wie der Totentanz von Niklaus Manuel an der Südmauer des Dominikanerklosters häufig. In der starren Ständehierarchie diente der Tod als Ventil für den Unmut in der Bevölkerung über die Ungleichbehandlung, denn im Tod sind die Menschen wieder gleich. Die Kritik am Missbrauch von Privilegien und die Betonung der Gleichheit aller Christen vor Gott trugen der Reformation viele Sympathien ein. Übrigens, auch Niklaus Manuel ist auf dem Bild zu sehen, neben dem Tod, der seiner Arbeit ein Ende setzt.

Die ehemalige Dominikanerkirche wurde 1623 der französischsprachigen Gemeinde überlassen, die vorwiegend aus Waadtländern bestand. Im späten 17. Jh., insbesondere nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685 wurden die Protestanten (Hugenotten) in Frankreich blutig verfolgt. Zahlreiche Flüchtlinge aus Frankreich und dem Piemont kamen nach Bern. Die Hugenotten trugen viel zum wirtschaftlichen Aufschwung an ihren neuen Wohnorten bei, aber auch zur Verbreitung der französischen Kultur in ganz Europa.

Casinoplatz

In der Barfüsserkirche tagte vom 6. bis 26. Januar 1528 die vom Berner Rat einberufene Disputation. Die anwesenden Theologen sollten die reformatorischen Thesen beurteilen, die Berchtold Haller aufgestellt hatte. Grundlage war allein die Heilige Schrift. Die Frage: «Einführung der Reformation – Ja oder Nein?» wurde bejaht.

Auch nach 1528 blieb die Reformation im Gebiet Berns umstritten. Vor allem Landbewohner hofften auf eine Rückkehr zum katholischen Glauben. Im Januar 1532 tagte in Bern eine Synode der Geistlichen, welche die Differenzen beilegen sollte.

Die Ergebnisse wurden im «Berner Synodus» festgehalten, einer theologischen Schrift, die in einem friedlichen Geist die strittigen Fragen regelte. Die beschlossenen Reformationsthesen der Disputation (die Schlussreden), das Reformationsmandat und der Synodus werden noch heute jedem jungen Pfarrer bei der Ordination ausgehändigt.

Die Einführung der Reformation führte auch zu einer Reform des Bildungswesens. Zwischen 1528 und 1548 richtete Bern zum Zweck pastoraler und öffentlicher Bildung im Barfüsserkloster die «Hohe Schule» ein. Neben Philologie und Philosophie wurde vor allem die Bibel in den Ursprachen Hebräisch und Griechisch ausgelegt.

Erker Münstergasse 62

Bartholomäus May, der in diesem Haus wohnte, war ein einflussreicher und wohlhabender Kaufmann mit weit verzweigten Handelsbeziehungen. Als Mitglied des Kleinen Rats unterstützte er die Reformation. Während der Disputation von 1528 war Zwingli Gast in seinem Haus.

Herrengasse 13

Wolfgang Musculus (Müslin) (11497-1563) war in Strassburg und Augsburg als Reformator tätig, bevor er 1549 als Professor an die Hohe Schule in Bern berufen wurde. Musculus war einer der besten Theologen seiner Zeit. In Bern verfasste er biblische Kommentare, lateinische Übersetzungen griechischer Kirchenväter sowie dogmatische Schriften.

Historie

Besiedelt war das Gebiet der heutigen Stadt Bern schon in der Jungsteinzeit. Kelten, Römer und Alemannen lösten einander ab. Doch erst 1191 gründete Berchtold von Zähringen in einer Aareschleife die Stadt Bern. Nicht einmal drei Jahrzehnte später war Bern bereits eine freie Reichsstadt. Bald begann Bern, sich Gebiete einzuverleiben. 1353 verbündete sich Bern mit den Eidgenossen. Im Spätmittelalter war Bern der mächtigste Stadtstaat nördlich der Alpen.

Ab 1518 mehrten sich die kritischen Stimmen gegenüber der Kirche. Grossen Einfluss hatten Niklaus Manuels Fasnachtsspiele. 1520 wurde Berchtold Haller Leutpriester am Münster. Er war von jeher ein Befürworter von Reformen, die Freundschaft mit Zwingli bestärkte ihn darin. Der Rat setzte eine Disputation auf den 6. Januar 1528 an. Haller verfasste dazu zehn Thesen als Diskussionsgrundlage. Schliesslich fanden sich 250 Theologen ein, unter ihnen auch Zwingli und Oekolampad aus Basel.

Nach 20 Tagen entschied sich die Versammlung deutlich für die Reformation. Die Entscheide wurden in den Schlussreden zusammengefasst. Wenig später erliess der Rat das Reformationsmandat, mit dem er die Pfarrer auf die Reformation verpflichtete. Einen Aufstand im Oberland schlugen die Berner militärisch nieder. Nach der Niederlage der Zürcher und dem Tod Zwinglis im 2. Kappeler Krieg 1531 kam es noch einmal zu Unsicherheiten; eine Synode sprach sich 1532 endgültig für die Reformation aus.

So stärkte der Übergang Berns zur Reformation Anfang des 16. Jahrhunderts die Bewegung in der Schweiz entscheidend. Das reformierte Zürich war nun innerhalb der Eidgenossenschaft nicht mehr isoliert. Bern sicherte die Reformation in der verbündeten Stadt Genf und trug somit wesentlich zur Wirkung Calvins bei. Zugleich bewirkte Bern auch die Reformation in der Waadt, in Neuenburg sowie in Teilen des Juras, Solothurns und des Aargaus. Auch wenn die Reformation für die Menschen unbestritten eine Befreiung war, war sie für Bern doch in erster Linie eine politische Angelegenheit.

Ein düsteres Kapitel ist der Umgang Berns mit den Täufern. Von Zürich aus hielt diese Lehre bald auch Einzug im Bernbiet. Der Rat verbot das Täufertum und setzte das Verbot mittels Denunziation, Verbannung und Schwert durch. Bis 1571 wurden 26 Täufer hingerichtet, doch unzählige starben in Gefängnissen, auf der Flucht oder auf den Galeeren. Im 18. Jh. wanderten viele in den Jura aus, wo sie unter dem Schutz des Fürstbischofs von Basel auf den Höhen siedelten; noch heute existieren dort deutschsprachige Täufersiedlungen. Die Verfolgungen endeten erst mit dem Untergang des Ancien Régime 1798.

Berchtold Haller

Als Freund von Philipp Melanchthon, des engsten Vertrauten Luthers, wirkte Berchtold Haller von Weinsberg bei Heilbronn (1492 – 1536) ab 1513 in Bern, ab 1520 war er Leutpriester am Münster. Er brauchte jedoch bis 1522, um erste zaghafte Versuche einer Reform zu unternehmen. Dabei stiess er aber auf heftigen Widerstand der Altgläubigen. Entmutigt wollte er sich aus Bern zurückziehen, wurde aber von Zwingli ermutigt: «Fahre nur mutig fort, deine wilden Bären allmählich zu zähmen.»

Also ging Haller 1523 nach dem Vorbild Zwinglis zur «Lectio continua», zur fortlaufenden Schriftauslegung über, bei der er sich nicht mehr an die Predigtordnung hielt. 1525 hörte er auf, die Messe zu lesen. Im Januar 1528 fand die Berner Disputation statt, für welche Haller mit Hilfe des Theologen Franz Kolb zehn Thesen verfasste, welche dann diskutiert wurden. Anlässlich der Disputation reiste auch Zwingli nach Bern und predigte selber auf der Kanzel des Münsters. Das – nicht ganz zufällige – Resultat war das Berner Reformationsedikt, welches die neue Lehre in Bern festschrieb.

Nach Zwinglis Tod im 2. Kappeler Krieg 1531 geriet die Reformation auch in Bern ins Schlingern. Der Rat berief eine Synode ein und Haller fürchtete um den Ausgang, zumal Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger nicht dabei sein konnte. Da erhielt er Unterstützung des Strassburger Reformators Wolfgang Capito. Gemeinsam erarbeiteten sie den Berner Synodus, die Kirchenordnung, den die Synode dann annahm. Danach wurde Haller Dekan (oberster Leiter) der Berner Kirche und durch seine Kontakte nach Genf auch ein Mittler zwischen der Reformation von Calvin und derjenigen von Zwingli.

Niklaus Manuel

Niklaus Manuel (1484 – 1530) war eine illustre Persönlichkeit. Als Dichter nahm er die katholische Praxis seiner Zeit aufs Korn, womit er viel zum Durchbruch der Reformation beitrug. Er war neben Hans Holbein d.J. der bedeutendste Maler der Renaissance auf Schweizer Boden. Auch als Baumeister war er tätig und wirkte am Bau des Münsters mit. Doch er verdingte sich auch als Söldner zu Gunsten Frankreichs. 1510 wurde er in den Grossen Rat, 1528 in den Kleinen Rat gewählt.